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Von Thomas Lähns: Mit Musik an Land gegangen

Neuntes Rock in Caputh mit 4Lyn und Ohrbooten / Über 3 000 Musikfans feierten friedlich miteinander

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Schwielowsee - Stimmungsvoller könnte die Atmosphäre kaum sein: Ein Meer von Armen schwingt zu rhythmischen Reggae-Klängen hin und her, eine leichte Brise weht über den Platz – und während lauter Jubel aus hunderten von Kehlen kommt, singen die Ohrbooten von ihren Reisen um die Welt. „Und hast du Bock, mit uns an Bord zu sein, dann laden wir dich und dein ganzes Dorf ein“ – es ist eine denkbar einfache Botschaft, mit der die Band dem Publikum einheizt. „Babylon bei Boot“ heißt ihr Erfolgsalbum: Ein bunter Reigen partylauniger Lieder, beeinflusst von Musikrichtungen wie Hip-Hop, Reggae und Pop. Am Wochenende ist das Quartett in der Gemeinde Schwielowsee „an Land gegangen“. Der Auftritt der Band war einer der Höhepunkte beim diesjährigen Festival „Rock in Caputh“ (RiC).

Über 3 000 Besucher tanzten und feierten an zwei Tagen auf dem Festivalgelände an der Michendorfer Chausee und machten Caputh damit einmal mehr zum pulsierenden Zentrum der Brandenburgischen Musikszene. 15 Bands von teilweise internationalem Rang enterten die Bühne. Dabei konnte es im Kessel davor noch so heiß her gehen – zu deftigen Punk-Klängen von Bands wie Itchy Poopzkid wurde wild „gepogt“ – die Stimmung blieb immer friedlich, was die Polizei bestätigte. Beim Auftritt der Gruppe Bonsai Kitten zum Beispiel sah man am Freitag sogar eine Polonaise über den Platz ziehen. „Wir sind überwältigt von diesem Wochenende“, so die Bilanz von Chefveranstalter Sven Lehmann, der mit dem Cooltour 05 e.V. das Spektakel Jahr für Jahr auf die Beine stellt. Was vor neun Jahren als Gartenparty des Caputher Jugendclubs begonnen hat, ist längst eine professionelles Musikevent geworden.

Erstaunlich ist immer wieder die Programmvielfalt: Da treten Hip-Hop-Gruppen neben Punkbands auf, gediegene Altrocker treffen in Caputh auf Spaßmusiker – und alle kommen bestens miteinander aus. So zollt Ron Cazzato, Sänger der Hamburger Gruppe 4Lyn, den Ohrbooten seinen Respekt, und lobt deren Auftritt, als er selbst am Mikrofon steht, als „geil“. Dabei kommen er und seine Bandkollegen als echte Vollblut-Rocker daher: Schwarze Outfits, Piercings, Ron selbst hat die Augen mit Eyeliner verdunkelt. 4Lyn bestechen durch krachende Gitarrenriffs und eine unwahrscheinliche Klangbreite, wenn Ron zum Beispiel zwischen Rap-Einlagen und melodischem Gesang wechselt. Das Ganze nennt sich „Crossover“ und begeistert eine ganze Generation. 4Lyn selbst sind mit ihrer Musik nicht zuletzt in den Vereinigten Staaten eine feste Größe.

Es sei schon lange nicht mehr so, dass die Fans nur eine einzige Musikrichtung hören würden, erzählt Ron später im Interview und erklärt damit auch gleich den Erfolg von „Rock in Caputh“. „Durch das Internet kann jeder überall reinhören. Ich liebe dieses Zeitalter.“ Er selbst findet, den besten Job der Welt zu haben, „denn wenn wir zur Arbeit gehen, applaudieren die Leute“. Und das machen sie hier fast pausenlos. Die andere Seite des Rock in Caputh offenbart sich am Samstagnachmittag: Kinder tollen quietschvergnügt über den Platz, während die Eltern in nostalgischer Stimmung zu Rock-Klassikern wippen, die von der Nachwuchsband Blacknote interpretiert werden. Das Festival wird damit nicht nur jedem Geschmack, sondern auch jedem Alter gerecht. Dennoch macht sich insgesamt ein Generationswechsel bemerkbar: „Das Publikum hat sich verjüngt“, schätzt RiC-Urgestein René Christ vom Cooltour 05. Aber das fällt nur denen auf, die von Anfang an dabei gewesen sind.

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