
© Sebastian Gabsch
Michendorf: Mit Präzision zum Ziel
Der erste Teil der neuen Bahnbrücke über die A10 bei Michendorf wurde in seine endgültige Position verschoben
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Michendorf - Der achtstreifige Ausbau der Autobahn 10 zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam hat am Wochenende eine wichtige Etappe genommen. Nahe der Raststätte Michendorf wurde von Samstagmittag bis in die Nacht zum Sonntag hinein der erste Teil der dort neu zu errichtenden Eisenbahnbrücke rund 60 Meter verschoben und in seine endgültige Position gebracht. In der Nacht zum heutigen Montag sollte dann der zweite von insgesamt vier neuen Brückenabschnitten seine Endposition erreichen. Mittels einer Webcam wollten die Verantwortlichen dieses nicht alltägliche Schauspiel auch Interessierten im Internet visuell zugänglich machen. Wegen eines technischen Problems ließ sich das Ereignis jedoch auf der Internetseite der Planungsgesellschaft Deges nicht durchgehend verfolgen.
Die beiden ersten Brückenteile der neuen Eisenbahnüberführung, an denen am Wochenende gearbeitet wurde, werden später einmal die in Richtung Dreieck Potsdam führenden Fahrbahnen der A10 überspannen. In diesem Bereich wird die Autobahn nördlich der bisherigen Fahrspuren verbreitert. Wenige Meter südlich davon steht derzeit noch die bisherige Eisenbahnbrücke. Unter ihr rollt momentan der gesamte Autoverkehr auf der A10. Der Neubau dieses südlichen Brückenabschnitts, der künftig wiederum aus zwei Teilen bestehen soll, wird den Planungen zufolge erst im Jahre 2019 errichtet werden. Unter dieser Brückenhälfte wird später der Verkehr in Richtung Dreieck Nuthetal rollen.
Um die Autobahn im Bereich der neuen Eisenbahnbrücke nördlich zu erweitern, wurden in den vergangenen Monaten große Erdmassen bewegt, zumal sich die Autobahn hier in einem Einschnitt ins Gelände befindet. Das Oberflächenniveau der Umgebung liegt also einige Meter über der Fahrbahnoberkante. Allein im unmittelbaren Bereich der neuen Eisenbahnbrücke wurden nach Angaben von Projektleiter Holger Behrmann rund 40 000 Kubikmeter Boden abgetragen. Das sind etwa 2400 Lastwagenladungen.
Wegen dieser Brückenbauarbeiten zwischen den Bahnhöfen Michendorf und Seddin ist der Eisenbahnverkehr noch bis zum 7. Juni unterbrochen. Züge werden umgeleitet und es gibt Ersatzverkehr mit Bussen (PNN berichteten). Seit dem 19. Mai bis zum Ende der Eisenbahnsperrung am 7. Juni werde auf der Baustelle rund um die Uhr gearbeitet, sagte Behrmann bei einer Baustellenbesichtigung am gestrigen Sonntag. Die Arbeiten sind vom Zeitablauf her genau durchgeplant. Kleine Verzögerungen können aber ausgeglichen werden. Am Sonntagvormittag lagen die Arbeiten nach Angaben des Projektleiters sechs Stunden hinter dem Zeitplan. Für das geplante Ende der Streckensperrung bei der Eisenbahn bedeute dieser geringe Zeitverzug jedoch überhaupt keine Gefahr, beruhigte Behrmann.
Zum Verschieben der Brückenteile wurden sogenannte Litzenheber eingesetzt. Diese blauen Geräte sind schätzungsweise kaum länger als einen Meter. Für die Verschiebung des ersten Brückenteils wurden die Litzenheber mittels Drahtseilen mit der Brücke verbunden. In entgegengesetzter Richtung fixierte man die Geräte an einem anderen schweren Brückenteil, das nicht zugleich verschoben wurde, sondern in dieser Situation vielmehr als Widerlager diente. Die Litzenheber arbeiten mit einer Hydraulik. Eine elektrisch angetriebene Pumpe sorgt dafür, dass der Öldruck in dem jeweiligen Litzenheber so groß wird, dass sich dadurch langsam ein Kolben hinausschiebt. Somit wird zugleich das Drahtseil, das mit der zu verschiebenden Brücke verbunden ist, ein kleines Stück gezogen. Anschließend zieht sich der Kolben wieder ein und der Vorgang startet erneut. Die Brücke wird also eigentlich nicht verschoben, sondern gezogen.
Nach Angaben von Projektleiter Behrmann war die Höchstgeschwindigkeit am Samstag in Michendorf elf Meter je Stunde. Immerhin wurde damit ein Gewicht von 6600 Tonnen bewegt. Besonders langsam ging es auf den letzten Metern voran. Denn, so Behrmann: „Zurückschieben können wir nicht.“ Es durfte also auf keinen Fall zu weit gezogen werden. Präzises Arbeiten sei dabei sehr wichtig. Während des gesamten Vorgangs lagerte die Brücke auf zwei sogenannten Verschubträgern – so ähnlich wie Eisenbahnschienen. Eine spezielle Konstruktion sorgt dafür, dass beim Verschieben eine Teflon- und eine Edelstahlschicht aneinander vorbeigleiten. Dazwischen befindet sich ein Gleitmittel.
Hauptauftragnehmer für die von der staatlichen Deges vergebenen Arbeiten in Michendorf ist die Firma Bunte aus Papenburg. Zu den vertraglich vereinbarten Kosten für die Brückenarbeiten wollte die Deges keine Angaben machen. Für die Gesamterneuerung der Bahnbrücke über die A10 – zu der dann auch noch die südliche Hälfte der Brücke gehört – seien wohl ungefähr Kosten von 17,5 Millionen Euro veranschlagt worden, sagte Behrmann. Die Preise laut Bauvertrag können jedoch davon abweichen. Die veranschlagten Gesamtkosten des achtstreifigen Ausbaus der A10 zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam werden mit rund 150 Millionen Euro angegeben. Im Jahre 2020 will man fertig sein.
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