Potsdam-Mittelmark: Mit Schönbohm und Reiche gut Kirschen gepflückt Innenminister und Bundestagsabgeordnete hörten sich Probleme von Obstbaumeister Lindicke an
Werder – Polnische Erntehelfer pflücken zurzeit Sauerkirschen auf den Flächen des Plötziner Obsthofes Lindicke, wo man die flinken Saisonarbeiter sehr schätzt. Doch nächstes Jahr rechnet Obstbaumeister Stefan Lindicke mit Problemen wegen der künftig zu zahlenden Sozialabgaben, die 48 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes betragen und an die Sozialversicherung in Polen abgeführt werden müssen.
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Werder – Polnische Erntehelfer pflücken zurzeit Sauerkirschen auf den Flächen des Plötziner Obsthofes Lindicke, wo man die flinken Saisonarbeiter sehr schätzt. Doch nächstes Jahr rechnet Obstbaumeister Stefan Lindicke mit Problemen wegen der künftig zu zahlenden Sozialabgaben, die 48 Prozent des Bruttoarbeitsentgeltes betragen und an die Sozialversicherung in Polen abgeführt werden müssen. Von dieser Situation sind alle Obst- und Gemüsebauern betroffen, wie er gestern Innenminister Jörg Schönbohm und CDU-Bundestagsabgeordneter Katharina Reiche schilderte, die gestern den Obsthof besuchten. Höhere Löhne könne er nicht zahlen, erklärte Lindicke, das gebe der Markt nicht her, die Konkurrenz sei groß. So liefere er zurzeit zwar noch seine Sauerkirschenernte zum Berliner Großmarkt, aber in den nächsten Tagen würden dort polnische Sauerkirschen eintreffen – die kosten 60 Prozent seines Preises. Alternativ bliebe ihm die Direktvermarktung. Im Hofladen des Familienbetriebes sind neben Frischobst auch Marmeladen gefragt, besonders Erdbeer- und Himbeermarmelade. „Marmelade ist ein Suchtfaktor", so Lindicke. Damit es keine Engpässe gibt, werden auch Früchte eingefroren, um später daraus Marmelade zu kochen. Auch für den beliebten Kirschwein wird vorgesorgt. Statt wie früher in Glasflaschen wird der Wein in Plastikbehältern angesetzt, die sechs bis acht Wochen stehen bleiben. „Bretterknaller", nennt Lindicke den Obstwein, dessen umwerfende Wirkung oftmals unterschätzt wird. Im Angebot sind jetzt bereits zwei frühe Apfelsorten: Discovery und Piros. Bei Katharina Reiche weckten die gelblichroten Äpfel sogleich Kindheitserinnerungen an den knorrigen Apfelbaum in Omas Garten. „James Grieve hieß die Sorte", weiß sie noch und auch, dass die Äpfel besonders fruchtig und saftig schmeckten. Außer dem zu DDR-Zeiten berühmten Apfel Golden Delicius, den einige „Gelber Grässlicher" tauften, kennt sie eine ganze Reihe Apfelsorten und erwies sich auch geschickt beim Kirschenpflücken gemeinsam mit dem Innenminister. In erstaunlich kurzer Zeit erntete Reiche eine Kiepe voller Früchte, und Obstbauer Lindicke flaxte: „Hier kriegen sie immer einen Job, falls es in der Politik nicht mehr klappt." Vier Mitarbeiter und zwei Azubis arbeiten auf dem Obsthof, mit dem sich Stefan Lindicke 1995 selbstständig machte. Auf den 20 Hektar, die ehemals von der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft bewirtschaftet wurden, wächst noch die Sauerkirschsorte Kelleriis, die hier vor 20 Jahren angebaut wurde. Die sonst mittelgroßen Früchte sind in diesem Jahr größer und dunkler als sonst. Pro Hektar werden 18 bis 20 Tonnen geerntet, doch die Regentage haben auf einigen Kirschen Spuren von Schimmel hinterlassen. Und den Süßkirschen fügte der Frost solche Schäden zu, dass in diesem Jahr nur 20 Prozent des durchschnittlichen Ertrages an den Bäumen war. Das lohnte sich nicht für die Pflücker, die pro Kilo einen Euro verdienen wollen, meinte der Obstbauer. „Also haben diesen Rest dann die Stare und der Regen erledigt". Attraktiver auch für Selbstpflücker, die an den Wochenenden kommen, sind in diesem Jahr Sauerkirschen, Pflaumen, Äpfel und Birnen. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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