zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Mit Sicherheit durch Alt-Geltow

Nach einem Experten-Check sind die Pläne für die Dorfstraße noch einmal überarbeitet worden

Stand:

Schwielowsee / Belzig - Straßenplaner haben es nicht leicht: Die Kommunen wollen viele Parkplätze, die Naturschützer viele Bäume, dann sind Interessen der Anwohner und Medienträger zu berücksichtigen. Billig werden soll es auch. Damit die Verkehrssicherheit in diesem Interessennebel nicht unter die Räder kommt, testet der Kreisstraßenbetrieb beim Ausbau der Kreisstraße in Alt-Geltow erstmals ein sogenanntes „Sicherheitsaudit“ (Audit: von lat. Anhörung.). Das bedeutet: Zusätzlich zum Straßenplaner wird ein zweites, speziell qualifiziertes Planungsbüro hinzugezogen, das die Entwürfe nur unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit untersucht. Gegebenenfalls werden Vorschläge gemacht, wie die Straße sicherer gestaltet werden kann. Der Auftraggeber entscheidet, was übernommen wird.

Für Bundes- und Landesstraßen kommt das Verfahren seit 2002 zur Anwendung. Das „Forum Verkehrssicherheit Brandenburg“ bemüht sich, es auf kommunale Straßen auszudehnen, der Kreisstraßenbetrieb in Belzig ist in der Vorreiterrolle. Nächstes Jahr soll der Ausbau der Kreisstraße in Alt-Geltow, beginnend mit dem Abschnitt B 1 bis Baumgartenbrück, anfangen. 2009 geht es zwischen Baumgartenbrück und Ortsausgang Richtung Wildpark-West weiter – 1,1 Kilometer kosten 1,6 Millionen Euro. Es gibt mehr Straßenlaternen, die Telefonleitungen kommen unter die Erde, ebener Asphalt, Gehwege, Stellplätze, fertig. Wozu benötigt man da ein Sicherheitsaudit?

Bei einer Pressekonferenz in Belzig wurde gestern beispielhaft erläutert, wie es funktioniert: Kurz hinter dem Ortseingang hatte das beauftragte Planungsbüro PST GmbH Ferch eine Fußgängerinsel vorgeschlagen. Genau in dieser Höhe wurden Bushaltestellen geplant. Bei sechs Metern Straßenbreite war auf der Ostseite bis Baumgartenbrück ein drei Meter breiter kombinierter Geh- und Radweg vorgesehen, wie PST-Planer Torsten Schulz erläuterte. Herbert Staadt von der Staadt Plan Ingenieur GmbH in Potsdam bekam den Auftrag für das Sicherheitsaudit.

Mittelinseln an Ortseingängen findet Staadt gut – ein Signal für Autofahrer, dass sich etwas ändert. Er begrüßte auch die Bushalts in Höhe der Mittelinsel, die Autofahrer zum Anhalten zwingen, als „zeitgemäß“. „An Bushaltebuchten wird schnell vorbeigefahren“ – eine Gefahrenquelle für ein- und aussteigende Fahrgäste. Zwanzig Sekunden auf den Bus warten? „Zumutbar.“ Den gemeinsamen Geh- und Radweg lehnt Staadt derweil ab. Besonders an Einfahrtbereichen würden Gefahrenstellen entstehen. Staadts Vorschlag klingt klassisch: Auf beiden Seiten schmalere Gehwege, um keine zusätzlichen Straßenquerungen zu provozieren. Und Radfahrer an die Straßenränder. Das fand Zustimmung beim Kreisstraßenbetrieb.

Radfahrer auf die Straße? Bei 3650 Fahrzeugen am Tag sei die Belastung in diesem Straßenabschnitt vertretbar, Kinder bis acht Jahre müssten vorschriftsmäßig ohnedies den Gehweg nutzen, meint Staadt. Soweit es innerorts keine hohen Belastungen gibt, sei der Radfahrer auf der Straße am besten aufgehoben, besser im Blickfeld von Einmündungen. „Konflikte werden so vermieden“, sagt Staadt, der auf die zunehmende Zahl von Fahrradunfällen in Städten und Ortslagen verweist. Und der Durchschnitts-Radfahrer fahre auch am liebsten auf der Straße.

Weit hergeholt? Nein, die Ansicht teilt Staadt inzwischen mit dem ADFC. Als Dekan des Fachbereichs Ingenieurwesen an der Fachhochschule Potsdam beschäftigt ihn die Verkehrsplanung zudem auch wissenschaftlich, und er leitet die Lenkungsgruppe „Verkehrswege“ im Forum Verkehrssicherheit Brandenburg. Staadt plädiert allerdings für eine Wahlmöglichkeit für alle Radfahrer, die den Gehweg nutzen wollen. Dazu fehlt in Geltow noch die gesetzliche Grundlage.

Vier Stellplätze sind durch die Änderungen weggefallen, und ein Baum. Ein bisschen teurer wird es wohl auch. Durch das Sicherheitsaudit erhöhen sich schon die Planungskosten von zehn auf elf Prozent des Bauvolumens. Ein zu hoher Preis? Der volkswirtschaftliche Schaden eines Verkehrsunfalls sei viel größer, sagt Staadt. Ein Toter koste in dieser Rechnung eine Million Euro, ein Schwerverletzter 170 000. Im Kreisstraßenbetrieb will man Sicherheitsaudits jetzt für alle Ortsbereiche und Unfallschwerpunkte anwenden, wenn saniert wird.

Die Geltower Planungen sind bis 16. November zu den Dienstzeiten in der Bauverwaltung Schwielowsee, Potsdamer Platz 9, in Ferch, zusätzlich donnerstags von 13 bis 18 Uhr im Bürgerbüro Geltow, Caputher Chaussee 3, ausgelegt. Es können Bedenken und Anregungen angebracht werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })