Potsdam-Mittelmark: Mitropa, Minol und Intershop
Die Raststätte Michendorf im Fokus einer Ausstellung des Heimatvereins
Stand:
Die Raststätte Michendorf im Fokus einer Ausstellung des Heimatvereins Michendorf - „Die Autobahn wechselt ständig ihr Gesicht“, sagt Dr. Hans-Joachim Strich. Er ist Initiator einer Ausstellung des Michendorfer Heimatvereins, die sicher viele interessierte Besucher anlocken wird. Als Michendorfer „Urgestein“ hat Strich Jahrzehnte den Wechsel an Fahrbahnbreite und -installationen an der Autobahntankstelle und Raststätte verfolgen können, durch die Michendorf bundesweit bekannt geworden ist. „Das Schlimme ist, dass man immer erst auf Veränderungen aufmerksam wird, wenn der Wechsel erfolgt ist“, sagt Strich. Dann sei es schwierig, eine Dokumentation über den früheren Zustand zu erstellen. Doch der Heimatforscher konnte auf die Unterstützung vieler Zeitzeugen zurückgreifen. „Es bestand die größte Bereitschaft, uns bei diesem Vorhaben zu unterstützen.“ Hans-Joachim Strich ist „nur“ noch der Ehrenvorsitzende des Heimatvereins, wie er betont. Doch man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der über 80-Jährige noch sehr aktiv ist und nicht nur mit seinem Rat zur Seite steht. Neben vielen Textdokumenten, für deren vollständige Kenntnisnahme der Besucher gute Augen und viel Zeit mitbringen sollte, gibt es den original Minol-Pirol und viele Fotos zu bewundern - wie Hedwig Buhse mit ihrem Auto oder Liane Pahlke als Serviererin in der Mitropa-Raststätte. Deren Dienstkleidung ist sogar im Original zu bestaunen, wie auch das Geschirr, das die Gaststätte über viele Jahre ihren Gästen vorgesetzt hat. Schade, dass es keine originale Eindeckung eines Tisches gibt; Speisekarten und Rezepte aus vergangener Zeit sind ja auch aufgefunden worden. Die aus DDR-Zeiten berühmte Gaststätte Müller in Caputh ist auch mit der Michendorfer Geschichte verbandelt, denn deren bekannter Inhaber hat als Stift jahrelang in der Raststättenküche gekocht. An längst Vergangenes erinnern Fotos, wie die Rast einer Familie auf dem Mittelstreifengrün oder der kyrillische Wegweiser nach West- (Sap.-)Berlin und Potsdam. Dessen Existenz währte nur kurze Zeit, die Militäradministration wollte nicht den Eindruck einer sowjetischen Besatzung optisch dokumentiert sehen. Ein Traumjob wurde Verkäuferin im Michendorfer Intershop – am Ende dürfte man nur noch mit Reisepass in die „Devisendruckmaschine“ an der Transitstrecke. Während die nördliche Einrichtungen der Michendorfer Tankstelle und Werkstätten schon vollständig modernen Neubauten weichen mussten, sind südlich noch Bauwerke im Originalzustand, wenn auch nicht mehr in voller Funktion, zu sehen. Doch spätestens mit der nächsten Fahrbahnerweiterung werden wohl auch diese Zeitzeugen einstiger Baukunst verschwunden sein. Der Bautyp ist nur noch drei- oder viermal in Deutschland zu finden. Die einstige Fußgängerbrücke ist ja schon weg. Sie verband einst beide Autobahnseiten, der Abriss war seinerzeit von wilden Spekulationen über die Gründe begleitet. Etwa 35 Spender und Mitwirkende haben zu der Ausstellung in der historischen Mühle beigetragen, die mehr zeigt, als der Titel „Autobahn und Raststätte Michendorf“ vermuten lässt. Es ist schlechthin ein ganzes Stück deutscher Geschichte, das mit dem Kapitel „Arbeit für alle“ unter den Nazis verhängnisvoll begann und heute angesichts des bevorstehenden Ausbaus der Strecke zur achtspurigen Magistrale noch einen ganz anderen Aspekt eröffnen könnte: Wie viel Straße braucht der Mensch? Klaus-P. Anders Die Ausstellung wird zum Weltmuseumstag am 8. Mai um 14 Uhr eröffnet und ist jeden zweiten Sonntag im Monat von 14 bis 16.30 Uhr zu besichtigen.
Klaus-P. Anders
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: