Von Thomas Lähns: „Mittelalterdorf“ nach neustem Stand
Wohnungen im früheren Hotel „Stadt Wien“ bezugsfertig / Bauarbeiten am Ensemble laufen noch ein Jahr
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Werder (Havel) - Die erste Etappe ist geschafft: Zwei der insgesamt sieben Häuser des historischen Ensembles rund um das frühere Hotel „Stadt Wien“ am Markt auf Werders Insel sind jetzt fertig saniert. Die ersten der künftigen Bewohner wollen demnächst in das frühere Hotel selbst und das Remisengebäude nebenan einziehen. Gestern hat der Entwicklungsträger zu einem Rundgang durch die ersten fertigen Wohnungen eingeladen. Architektin Anne Lampen kündigte an, dass bis zum Sommer 2010 das komplette Objekt fertiggestellt werden soll.
Insgesamt 23 Eigentumswohnungen mit Grundflächen zwischen 27 und 150 Quadratmetern sollen bis dahin entstanden sein, viele davon als zweigeschossige Maisonettewohnungen, alle mit Balkon oder Terrasse. Der Kaufpreis liegt je nach Wohnlage zwischen 1950 und 2280 Euro. 20 Wohnungen seien bereits an künftige Nutzer verkauft worden, so die Architektin weiter, die bei dem Ensemble besondere Herausforderungen zu meistern hatte. „Es sind sieben Häuser aus verschiedenen Zeiten, die eine unterschiedliche Bauweise haben - diese Vielseitigkeit haben wir erhalten und herausgearbeitet“, so Lampen. Sie verglich den Komplex, der um einen Innenhof angelegt ist, mit einem mittelalterlichen Dorf – allerdings nach neuesten Standards. So wurde bei den Arbeiten besonders auf die Umweltverträglichkeit geachtet. Statt Styropor wurde mineralogisches Dämmmaterial verwendet, und geheizt wird künftig mit Erdwärme. Laut Lampen handle es sich bei der Erdwärmeheizung um ein Pilotprojekt, denn in dieser Größenordnung gebe es noch nichts Vergleichbares in Brandenburg.
Auf dem Areal war 1617 die erste Werdersche Brauerei mit Braurecht für Schankzwecke entstanden. Um 1840 wurde an dieser Stelle eine industriell arbeitende Brauerei gegründet, samt Fabrikgebäude und Wohnhaus. Das Gebäude an der Marktseite, ursprünglich ein Fachwerkbau, der zum Wohnen und zum Ausschank diente, wurde 1890 zum Hotel umgewandelt, das 1955 den Betrieb einstellte, danach diente es als Möbellager und Wohnhaus.
Mit der fortschreitenden Sanierung ist für eines der letzten und wohl schwierigsten Projekte auf Werders Insel doch noch ein gutes Ende in Sicht. Nachdem sich der vorherige Investor mit dem Ensemble übernommen hatte, überlegte die Stadt zeitweilig, das Projekt selbst anzupacken. „Wir hatten fast schon die Hoffnung aufgegeben, dass sich noch einmal jemand dessen annimmt“, so Bürgermeister Werner Große (CDU). Vor zweieinhalb Jahren haben die beiden Architekten Anne Lampen und Detlef Grüneke, der selbst auf der Insel wohnt, die Arbeiten an dem 1600 Quadratmeter großen Objekt aufgenommen. Von den ersten Ergebnissen gab sich der Bürgermeister gestern begeistert. „Die großen Häuser auf der Insel sind damit fertig oder kurz vor der Fertigstellung“, so Große, der auf das Schützenhaus verwies, das im vergangenen Jahr neu öffnete und auf das frühere Freigut nebenan, das jetzt auch wieder mit Leben gefüllt wird. Heute öffnet das neue Restaurant „Lendelhaus“ an der Marktseite des Freigutes seine Türen.
Dort wollen auch die neuen Nachbarn Iris Reinwarth und Ralf Behrend nach ihrem Einzug mal vorbeischauen. Sie haben sich frühzeitig eine Maisonettewohnung im Gebäude neben dem früheren Hotel gesichert und konnten sich ihr neues Zuhause maßschneidern lassen: Wenig Wände, viel Licht und ein weiter Blick über die Regattastrecke und die Blütenstadt dahinter. „Vor einem Jahr waren wir auf der Insel spazieren und haben das Verkaufsschild gesehen. Wir haben uns gleich für die Wohnung entschieden“, berichtete Reinwarth bei einem Rundgang. Im Moment leben beide noch in Berlin, wollen aber möglichst bald übersiedeln. „In Werder herrscht einfach ein anderes Klima: Es ist sonnig und immer weht ein leichter Wind vom Wasser herüber“, so Behrend schwärmerisch. Nicht zuletzt deshalb ist Anne Lampen zuversichtlich, dass auch die letzten drei Wohnungen neue Besitzer finden werden.
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