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Volksbegehren gegen Massentierhaltung: Mittelmarks Bauern bangen um Image
Mittelmärkische Landwirte kritisieren Volksbegehren gegen die Massentierhaltung, BUND hält dagegen
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Potsdam-Mittelmark - Es ist nicht nur die Dürre, die die mittelmärkischen Bauern in den vergangenen Monaten unter Druck gesetzt hat und womöglich hohe Ernteausfälle bescheren wird. Seit dem gestrigen Mittwoch müssen sich die Landwirte auch mit dem Volksbegehren gegen die Massentierhaltung in Brandenburg auseinandersetzen. Die Initiative, ein Verbund von mehr als 40 Tierschutz-, Naturschutz- und Umweltverbänden fordert von der Landesregierung, die artgerechte Haltung von Tieren finanziell zu fördern und in Rechtsvorschriften zu verankern. Eine von den Akteuren gestartete Volksinitiative mit rund 34 000 Unterschriften ist Anfang März im Landtag gescheitert. Jetzt muss das Aktionsbündnis in einem Volksbegehren 80 000 Unterschriften zusammenbekommen, um Gehör zu finden.
Jens Schreinicke, selbst Landwirt in Stücken und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes in Potsdam-Mittelmark, steht dem Ansinnen kopfschüttelnd gegenüber. „Es wird eine emotionale Debatte losgetreten, ohne die Fakten in Brandenburg zu benennen“, beklagt er in einem Pressegespräch am gestrigen Mittwoch. In ganz Brandenburg stünde statistisch eine Kuh auf zwei Hektar, in Niedersachsen seien es sieben Kühe, so Schreinicke. „Die Diskussion um Massentierhaltung geht an der Realität vorbei“, meint auch Birgit Rettig, Leiterin der Agrarbehörde im Landkreis. Es gebe keine Definition für Massentierhaltung. „Das ist nicht gleichbedeutend mit ,nicht artgerecht’“, fügt Rettig hinzu.
Die Akteure des Aktionsbündnisses sehen das anders und argumentieren, dass die Massentierhaltung üblicherweise durch eine große Anzahl an Tieren gekennzeichnet ist. In den Ställen fehle es an Auslauf und Beschäftigungsmaterial. Mastanlagen mit 165 000 Hühnern, wie sie von Investor Heinrich Terhorst in Schmergow geplant sind (PNN berichteten), erteilt das Aktionsbündnis eine klare Absage. Ob die Mastanlage in Schmergow kommt, ist indes völlig offen. Derzeit fehlen Antragsunterlagen, damit der nächste Schritt, die Beteiligung der Öffentlichkeit, beginnen kann, hieß es gestern aus dem Landesumweltamt.
Der Kreisbauernverband fürchtet derweil, dass die Landwirtschaftsbranche durch negative Einzelfälle unter Generalverdacht gestellt wird. „An der Größe des Betriebs und der Anzahl der Tiere werden nicht die Haltungsbedingungen festgemacht“, sagt Silvia Wernitz. „Der landwirtschaftliche Betrieb muss auch wirtschaftlich arbeiten können“, so Wernitz weiter. Für Landwirt Schreinicke aus Stücken gehören Tierwohl und Wirtschaftlichkeit zusammen. „Nur mit gesunden Tieren kann ich auch Geld verdienen.“
Eine weitere Forderung des Aktionsbündnisses gegen Massentierhaltung ist die Einrichtung eines hauptamtlichen Tierschutzbeauftragten. Dieser soll für das gesamte Land Brandenburg zuständig sein und unabhängig von der Landesregierung arbeiten. Zudem sollen Tierschutzverbände Mitwirkungs- und Klagerechte erhalten. Beides sieht der Kreisbauernverband kritisch. „Was soll denn der Tierschutzbeauftragte machen?“, fragt Verbandsgeschäftsführerin Wernitz. Die Betriebe würden bereits kontrolliert. „Die Landwirte müssen bereits alles genau dokumentieren und sich an die Vorschriften bei der Tierhaltung halten.“
Beim Aktionsbündnis trifft diese Haltung der Landwirtschaft auf Misstrauen. „Warum sollte ein Landwirtschaftsbetrieb den Tierschutzbeauftragten ablehnen, wenn es nichts zu verbergen hat“, fragt Axel Heinzel-Berndt vom BUND. Schwarze Schafe unter den Landwirten gebe es überall, bestätigt der Kreisbauernverband. „Diejenigen, die in ihren Ställen Blödsinn machen, müssen bestraft werden“, sagt Wernitz. Doch werde ein Fall bekannt, reagiere das Veterinäramt schon jetzt sofort, so Wernitz.
Die Debatte um die Massentierhaltung führt Schreinicke zufolge nicht zur Verbesserung in der Land- und Viehwirtschaft, sondern eher zu schlechteren Bedingungen.
„Je schwieriger es den Landwirten hierzulande gemacht wird, Geld zu verdienen, desto mehr werden aufgeben“, sagt der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes im Hinblick auf das Volksbegehren. Es führe schlussendlich zu einer Abwanderung der Betriebe ins Ausland und dem Verlust von Arbeitsplätzen. „In Deutschland sind die Kontrollen scharf, im Ausland kann das ganz anders aussehen“, gibt Schreinicke zu bedenken.
Björn Stelley
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