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Wiederholt das Ziel von Randalierern: Der optische Telegraf samt Infotafel auf dem Glindower Fuchsberg.

© Thomas Lähns

Potsdam-Mittelmark: Moralisch nicht mehr auszuhalten

Erneut wüteten Randalierer am optischen Telegrafen in Glindow. Ortsbeirat und Heimatverein resignieren

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Werder (Havel) – Wegen ständiger Vandalismusschäden droht einem beliebten Ausflugsziel am Obstpanoramaweg das Aus: Der Nachbau eines optischen Telegrafen auf dem Glindower Fuchsberg ist schon wieder beschädigt worden. Wie jetzt bekannt wurde, hatten bereits vor wenigen Wochen Unbekannte den achteinhalb Meter hohen Masten und die dazugehörige Schautafel mit Paintball-Kugeln beschossen. Nachdem der Heimatverein die Schäden beseitigt hat, haben die Täter nun erneut zugeschlagen und mit einem Messer ein Stück der Tafel herausgeschnitten. „Wir halten es nicht mehr aus – finanziell und moralisch“, sagte Glindows Ortsvorsteher Sigmar Wilhelm gestern den PNN. Den Telegrafen werde man jetzt wohl abbauen müssen, kündigte er an.

Bereits ein halbes Jahr nach der Einweihung zum Baumblütenfest 2010 hatten Randalierer zum ersten Mal auf dem 60 Meter hohen Fuchsberg in der Glindower Obstflur gewütet. Sie warfen Steine gegen die Signalflügel des Telegrafen und beschädigten diese. Außerdem rissen sie einen Grenzstein heraus und zerstörten den Zaun zur benachbarten Obstplantage. Die beiden Informationstafeln, die hier damals standen, nahmen sie gänzlich mit (PNN berichteten). Dass nun auch die neue Tafel beschädigt worden ist, sorgt für Wut und Resignation in Glindow. Denn die Beseitigung der Schäden kostet – „und ich kann den anderen Vereinen bald nicht mehr vermitteln, dass wir dafür immer wieder Geld ausgeben müssen“, so Sigmar Wilhelm weiter. Über die sinnlose Zerstörungswut jener, die sich dort oben immer wieder treffen würden, sei er „todtraurig“, sagte der Ortsvorsteher. „Aber wir können den Telegrafen weder absperren, noch ihn ständig bewachen.“

Die schon von Weitem sichtbare Holzkonstruktion mit ihren sechs Flügeln soll an die preußische Telegrafenstation Nummer 5 erinnern, die einst an dieser Stelle gestanden hatte. Nummer vier befand sich auf dem Telegrafenberg in Potsdam, Nummer sechs auf einem Hügel in Schenkenberg. Noch bevor die Nachrichtenübermittlung per Kabel erfunden wurde, konnten über die optischen Telegrafen Informationen auf Sichtweite übertragen werden: Mit der variablen Stellung und Kombination der Flügel wurden die meist von höchster Stelle versandten Depechen codiert weitergegeben. Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. hatte 1832 den Bau von insgesamt 62 Telegrafen, die auf Kirchen oder – wie in Glindow – auf neu gebauten Wohnhäusern für die Telegrafisten errichtet wurden, angeordnet. Die Telegrafenlinie verlief über knapp 600 Kilometer in die damals preußische Rheinprovinz. Eine Ordre über Köln nach Koblenz zu übermitteln, konnte je nach Sichtweite bis zu einen Tag dauern – weitaus schneller als es ein berittener Bote geschafft hätte.

Der Glindower Heimatverein hatte mit Unterstützung der Potsdamer „Interessengemeinschaft Optischer Telegraph 4“ die Rekonstruktion zumindest des Mastens in die Wege geleitet. Die Materialkosten wurden mit Lottomitteln und Geld von Stadt und Heimatverein gedeckt – insgesamt 8500 Euro. Den Aufbau übernahm die hiesige Zimmerei Müller gratis. Der Heimatverein hat jetzt bei der Polizei erneut Anzeige erstattet. Die werde intensiv nach den Tätern suchen, denn: „Der Verein hat sich hier so viel Mühe gegeben. Dass so etwas einfach zerstört wird, ist mehr als unschön“, so Polizeisprecher Torsten Ringel. Den finanziellen Schaden bezifferte der Heimatverein auf hundert Euro. Der ideelle Schaden wird hingegen kaum noch zu reparieren sein.

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