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Geflügelpest in Brandenburg: Möwe in Werder mit Vogelgrippe
Erster Virenfund in Brandenburg: Landesweit gilt jetzt die Stallpflicht für Geflügel. In Werder, Geltow und Teilen Potsdams wurde ein Sperrbezirk mit strengen Auflagen für Tierhalter eingerichtet
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Werder (Havel)/Potsdam - Eine am Havelufer verendete Möwe hat die Geflügelpest in das Potsdamer Umland gebracht. Der am Freitag vom Veterinäramt bestätigte Fall ist der erste im ganzen Land. Der hochansteckende Erreger H5N8 ist bereits in elf Bundesländern nachgewiesen worden, zum Teil mussten erste Geflügelbestände vernichtet werden. Jetzt trifft es auch die Mark. Vorsichtshalber hat das Verbraucherministerium des Landes, das für die Bekämpfung von Tierseuchen zuständig ist, eine landesweite Stallpflicht nicht nur für Geflügelbetriebe, sondern auch für Hobbyhalter verhängt. Alles Federvieh muss vorerst drinnen bleiben.
Das Veterinäramt des Kreises geht sogar noch weiter: Um auf Nummer sicher zu gehen, wurde um den Fundort des toten Wildvogels ein Sperrbezirk mit einem Radius von einem Kilometer eingerichtet. Er erstreckt sich über den nördlichen und östlichen Teil von Werder. Auch das östliche Havelufer und damit Teile von Geltow sind betroffen. Eine weitere so genannte Beobachtungszone, die im Gegensatz zum Sperrbezirk nur 15 statt 21 Tage lang aufrechterhalten bleiben soll, erstreckt sich sogar bis in die Landeshauptstadt hinein. Laut Informationen der Stadtverwaltung sind Golm, Eiche und Wildpark-West betroffen.
Die Einschränkungen für Geflügelhalter im Sperr- und Beobachtungsgebiet sind enorm: Sie müssen ihre Tiere in Ställen halten; die Ställe müssen vor dem Zutritt Fremder gesichert sein; wer zu den Tieren will, muss Schutzkleidung tragen, die im Anschluss verbrannt oder desinfiziert werden muss. Weder Federvieh noch Eier oder Fleischerzeugnisse aus Geflügel dürfen aus den Zonen herausgebracht werden. Selbst der Kot der Tiere darf nicht abtransportiert werden. Auch Hunde- und Katzenbesitzer sind betroffen: Es gilt strenger Leinenzwang, frei herumlaufende Tiere sind verboten. Die Veterinärämter wollen in den kommenden Tagen ihre Kontrollen verstärken.
Die Gefahr für Menschen soll sich indes in Grenzen halten: „Übertragungen von H5N8 auf Menschen sind noch nicht nachgewiesen worden“, so der Amtstierarzt des Kreises, Hans-Georg Hurttig. Eine Übertragung über infizierte Lebensmittel ist nach Einschätzung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) „theoretisch denkbar, aber unwahrscheinlich“. Jedoch sollten beim Verzehr von Geflügel die Hygieneregeln eingehalten werden. Dazu zählt unter anderem, die Kühlkette für das Fleisch einzuhalten sowie beim Zubereiten ein eigenes Schneidebrett zu nutzen.
Bereits vor zwei Jahren hatte die Mark mit der Geflügelpest zu kämpfen, eine weitere große Seuchenwelle brach 2007 aus. 2014 jedoch verendeten nur Wildvögel, keine Nutztiere in Brandenburg. Veterinärmediziner Hurttig befürchtet jedoch, dass es dieses Mal schlimmer werden könnte: „Der diesjährige Seuchenzug hat ein wesentlich größeres Ausmaß als 2014.“ In Deutschland seien in kürzester Zeit annähernd 400 Vögel mit dem hochansteckenden Erreger registriert worden.
Laut dem bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riem ist H5N8 zuerst bei Wildvögeln aufgetreten. Mittlerweile mussten etwa in Niedersachsen bereits 110 000 Puten und Hühner vernichtet werden.
Wie Menschen haben auch Vögel in den Wintermonaten vermehrt mit Viren und Erregern zu kämpfen. Gefährlich wird es, wenn Wildvögel das Virus auf Nutztiere übertragen. Ist ein Huhn in einem Bestand infiziert, müssen alle anderen Tiere gekeult und anschließend verbrannt werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Besonders für Geflügelbetriebe ist das katastrophal, zumal in der Vorweihnachtszeit Gans, Ente und Pute stärker als sonst nachgefragt sind. Verunsicherte Verbraucher reduzieren ihren Geflügelfleischkonsum, die Preise purzeln. Schwierig wird es auch, wenn die Stallpflicht über zwölf Wochen anhält. Dann muss Geflügel sowie Hühnereier, die in der Übergangsfrist noch als Freilandhaltung verkauft wurden, als Bodenhaltung deklariert werden. Das sei eine große finanzielle Einbuße, so Sabine Kimmel von der Beelitzer Frischei, einem der großen Eierproduzenten in Mittelmark. Kimmel hofft, dass es dieses Mal nicht so lange dauern wird. 2007 war nach rund sieben Wochen die Stallpflicht wieder aufgehoben worden.
Während Kimmel sowie ein Großteil der rund 3850 mittelmärkischen gewerblichen und Hobbyhalter bisher nur die Stallpflicht einhalten müssen, sind die Geflügelhalter in der Sperr- und Beobachtungszone schlimmer dran. Sie dürfen ihre Waren bis zu drei Wochen nicht ausführen. Betroffen sind davon in der Landeshauptstadt sieben Geflügelhalter mit insgesamt 180 Tieren. Wie viele es in Werder sind, blieb am Freitag zunächst offen.
Welche Straßen im Sperr- und Beobachtungsgebiet liegen, ist detailliert auf den Webseiten der Stadt Potsdam und des Landkreises Potsdam-Mittelmark beschrieben. Dort sind auch Telefonnummern der Veterinärämter hinterlegt, um verendete Wildvögel zu melden.
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