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Potsdam-Mittelmark: „Müllbaron“ muss mit mehrjähriger Haft rechnen

Anwältin plädiert für eine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis. Urteil wird am 19. Januar erwartet

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Potsdam-Mittelmark - Nach der von der Staatsanwaltschaft geforderten Haftstrafe für den „Müllbaron“ von Potsdam-Mittelmark hat auch die Verteidigung für eine Freiheitsstrafe plädiert. Allerdings beantragte die Anwältin des 58 Jahre alten Angeklagten am Donnerstag vor dem Potsdamer Landgericht ein deutlich geringeres Strafmaß. Drei Jahre und sechs Monate hält sie für angemessen. Die Staatsanwaltschaft fordert eine sechsjährige Haftstrafe.

In dem Prozess geht es um einen der größten Umweltskandale in Brandenburg seit 1990. Dem Angeklagten Bernd R. wird vorgeworfen, von 2005 bis 2007 auf sechs mittelmärkischen Mülldeponien illegal belasteten Abfall entsorgt und einen Umweltschaden von 73 Millionen Euro angerichtet zu haben. In dem Verfahren wurden 81 000 Tonnen Müll nachgewiesen, die der Inhaber einer Entsorgungsfirma aus Bad Belzig illegal versenkt haben soll. Mit dem Geschäft soll er 4,3 Millionen Euro verdient haben. Ursprünglich hatte Bernd R. den Auftrag, die Deponien unter anderem mit Bauschutt zu befüllen und zu rekultivieren.

Bereits zu Prozessbeginn hatte der Ex-Polizist ein Geständnis abgelegt. Während die Staatsanwaltschaft die Einlassungen des Angeklagten lediglich als taktisches Verhalten wertete, maß Verteidigerin Heide Sandkuhl dem Geständnis ein besonderes Gewicht zu. In ihrem „Verfolgungseifer“ habe die Staatsanwaltschaft ignoriert, dass der Angeklagte sich von seinen Taten distanziert, sich in allen Punkten für schuldig und seine Beweggründe erklärt habe, sagte die Anwältin. Dadurch habe sich die Dauer des Verfahrens erheblich verkürzt. Zudem hätten es die Behörden des Landkreises Potsdam-Mittelmark, die für die Kontrolle der sachgemäßen Rekultivierung der Deponien zuständig waren, dem Beschuldigten leicht gemacht, sagte Sandkuhl. „Wären sie tatsächlich an einer Überwachung interessiert gewesen, hätten sie es auch getan“, befand sie. Bernd R. habe „freie Fahrt“ gehabt.

Schließlich sei für die Strafhöhe ausschlaggebend, in welchem Ausmaß die Müllhalden, die in DDR-Zeiten in den Gemeinden entstanden waren, bereits vor den Taten mit gefährlichem Abfall belastet waren. „Es macht einen Unterschied, ob Müll auf bereits belasteten Flächen entsorgt wird oder nicht“, sagte die Verteidigerin. „Die Hemmschwelle ist eine andere“, betonte sie. Das Verfahren habe keine Erkenntnisse gebracht, in welchem Ausmaß die Schadstoffbelastung durch die illegale Müllentsorgung zugenommen habe, zumal es keine repräsentativen Proben gegeben hätte.

Für einen mitangeklagten Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens beantragte die Verteidigung eine einjährige Bewährungsstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre gefordert. Der 49 Jahre alte Betriebsleiter habe nach Ansicht der Anklagebehörde als „rechte Hand“ von Bernd R. die verbotene Müllentsorgung gedeckt. Sein Verteidiger stritt die Beihilfe nicht ab. Allerdings habe sein Mandant lediglich Aufträge seines Chefs ausgeführt und aus Sorge um seinen Job Bedenken zurückgestellt.

Die Verhandlung wird am 10. Januar mit dem Schlusswort der beiden Angeklagten fortgesetzt. Das Urteil wird am 19. Januar erwartet.

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