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Volle Klassen, leere Kassen: Die Kreismusikschule fordert mehr Geld vom Landkreis  auch weil die Lehrer abwandern.

© Tsp

Potsdam-Mittelmark: Musik nach Nöten

Kreismusik- und Volkshochschule brauchen mehr Geld, um Mitarbeiter zu halten. Viele gehen nach Berlin

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Potsdam-Mittelmark - Wenn in Berlin die Euros klingen, verstummen in der Mittelmark die Instrumente: Für die Kreismusikschule und für die Kreisvolkshochschule wird es immer schwieriger, ihre freiberuflichen Dozenten zu halten. „Sobald ein Angebot aus Berlin kommt, sind sie weg“, sagt der Geschäftsführer der KMKVS GmbH, Michael Goldammer. Grund sind die zum Teil erheblichen Verdienstunterschiede: Während ein Volkshochschullehrer in der Bundeshauptstadt zwischen 23 und 33 Euro Honorar pro Stunde verlangen kann und sogar Anspruch auf Rentenzahlung hat, gibt es in Potsdam-Mittelmark durchschnittlich gerade mal 18,30 Euro – die Fahrkosten sind darin schon enthalten. Ein Musiklehrer bekommt je nach Einzel- oder Gruppenunterricht zwischen 17,50 und 20 Euro.

Honorarkräfte machen die Mehrheit des Lehrpersonals an den beiden Schulen aus, die sich vor sechs Jahren zu einem kreiseigenen Unternehmen zusammengeschlossen haben. Während die 33 Angestellten nach Tarif bezahlt werden müssen, liegen die „Freien“ aber mit fast 14 Prozent darunter. Immerhin: Nach ersten Verhandlungen sollen die Honorare in diesem Jahr leicht angehoben werden. Bis 2015 soll die Abweichung nur noch fünf Prozent betragen. Das geht aus einer Antwort der Kreisverwaltung an die Fraktion Die Linke hervor. „Wir wollen uns peu à peu der Tarifgrenze annähern“, sagte auch Landrat Wolfgang Blasig (SPD) gestern in einer Pressekonferenz.

„Der Landkreis hat in den vergangenen Jahren sehr an den Ausgaben der beiden Einrichtungen gespart“, erläutert Michael Goldammer. In diesem Jahr belaufen sich die Zuschüsse auf insgesamt knapp eine halbe Million Euro für die Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“ und auf 155 000 Euro für die Kreisvolkshochschule. Im Pro-Kopf-Vergleich mit den Nachbarlandkreisen ist das wenig: Während die Mittelmark zum Beispiel ihre Musikschule mit 2,31 Euro pro Bürger fördert, sind es in Teltow-Fläming 4,24 Euro. Noch mehr geben die kreisfreien Städte aus: Brandenburg (Havel) zahlt 6,66 Euro pro Einwohner an seine Musikschule, die Landeshauptstadt Potsdam sogar 7,19 Euro.

Aus den Teilnehmergebühren erwirtschaftete die Gesellschaft laut Beteiligungsbericht des Kreises im Jahre 2009 insgesamt 1,5 Millionen Euro. Erhöhen könne man die Beträge kaum, da sie sozialverträglich bleiben müssten, so Goldammer. Zwei Drittel gehen für Personalkosten drauf, hinzu kommen enorme Materialkosten und die Miete an den vier Standorten: Die Ausgaben sind von gut 65 000 Euro im Jahr 2006 auf das Dreifache im vergangenen Jahr gestiegen. „Was die Neuanschaffung von Instrumenten angeht, haben wir die Ausgaben schon heruntergefahren“, so der Geschäftsführer weiter. Trotz der Zuschüsse wird in diesem Jahr voraussichtlich ein Minus von 87 000 Euro in der Unternehmensbilanz stehen.

Mehr Sparen gehe nicht – zumal die Nachfrage besonders an der Musikschule immer weiter steigt. Allein hier hatten im vergangenen Jahr 4000 Schüler insgesamt 67 000 Unterrichtsstunden absolviert. Mehr könne man jedoch nicht leisten, so Goldammer. Und die Wartelisten sind voll: In der Region Teltow stehen 348 Leute für Musikunterricht Schlange, in Werder (Havel) derzeit 51.

Zurzeit verhandelt der Landtag über eine Novellierung des Landesmusikschulgesetzes. Ein Vorschlag sieht vor, dass sich die Landkreise künftig generell mit 40 Prozent an den Gesamtausgaben ihrer Musikschulen beteiligen müssen, um auch Landesfördermittel geltend machen zu können. Potsdam-Mittelmark trägt derzeit 23 Prozent. Thomas Lähns

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