Potsdam-Mittelmark: Nach Seddin statt in die Nordsee
Beelitzer gespalten bei Überleitung von Nieplitzwasser. Seddiner See bereits um ein Viertel geschrumpft
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Beelitz - Die geplante Überleitung von Nieplitzwasser in den Seddiner See sorgt in Beelitz für Diskussionen. Während einige Stadtverordnete das Projekt begrüßen und damit eine Möglichkeit sehen, Wasser in der Region zu halten, befürchten andere negative Folgen für die Nieplitz. Entsprechend kontrovers wurde das Vorhaben in der Sitzung des Hauptausschusses am Montagabend erörtert. Einen Beschluss der Stadtverordneten brauchen die Initiatoren indes nicht. Axel Zinke (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Seddiner See, erklärte, dass nur noch die zuständigen Ämter grünes Licht geben müssten – die Wasser- und Naturschutzbehörden habe man von Anfang an alle im Boot gehabt.
Im Frühjahr soll mit dem Verlegen von Leitungen begonnen werden. Wie Franziska Vedder vom Seddiner Institut für angewandte Gewässerökologie am Montagabend erläuterte, soll die Nieplitz am Wehr bei Schönefeld angezapft werden. Entlang der Landwirtschaftswege sollen die Rohre verlaufen: Über Schlunkendorf bis zum alten Klärwerk in Kähnsdorf. Das soll reaktiviert und modernisiert werden, um das Wasser zu reinigen, bevor es über vorhandene Leitungen der Entenfarm in den Kähnsdorfer See fließt. Von dort soll es über den bald rekonstruierten Graben in den Seddiner See gelangen.
Solche Pläne hatte es schon vor mehr als zehn Jahren gegeben. Der Beelitzer Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) erinnerte daran, dass die Stadtverordneten 1997 eine Überleitung befürwortet hätten. Damals war man jedoch technisch noch nicht soweit. Hintergrund des Pilotprojektes ist der sinkende Pegel des Seddiner Sees durch den Klimawandel und die starke Nutzung des Grundwassers im Einzugsbereich. Um einen Meter ist der Wasserstand in den vergangenen Jahrzehnten gefallen und schwankt laut Untersuchungen über das Jahr um 36 Zentimeter. Die Folgen: 25 Prozent der Fläche des 230 Hektar großen Flachsees würden mittlerweile regelmäßig trockenfallen, ein Drittel des Volumens im Sommer fehlen, so Franziska Vedder. Die Uferbereiche würden von Waschbären und Wildschweinen erobert und beschädigt.
Mit dem Nieplitzwasser soll der See nun gerettet werden. Die Kosten für das Projekt bezifferte Bürgermeister Zinke auf insgesamt 2,5 Millionen Euro, von denen seine Gemeinde als Eigentümer des Sees 500 000 Euro trägt. Der Rest kommt vom Land. In einem ersten Rutsch sollen mindestens 750 000 Kubikmeter und danach jährlich etwa 300 000 in den See geleitet werden. Franziska Vedder unterstrich, dass nur in regenreichen Zeiten abgepumpt werden soll. Das Maß soll die Fließgeschwindigkeit der Nieplitz sein: Die liege im Sommer bei 1,5 Kubikmeter pro Sekunde. Nur oberhalb dieser Grenze werde gepumpt. Und selbst dann würden höchstens 2000 Kubikmeter pro Tag entnommen werden. „Das ist nicht einmal ein Prozent der Gesamtmenge von 216 000 Kubikmeter am Tag“, sagte sie.
Bedenken meldete die Stadtverordnete Elke Seidel (Grüne) an. Ihre Kritik: Auf der einen Seite wird Wasser in den See geleitet, auf der anderen Seite über das Grundwasser von Nutzern wie dem Golfplatz entnommen. Landwirt Jürgen Frenzel von der Agrargenossenschaft Wittbrietzen monierte, dass die Bauern im Oberlauf der Nieplitz keine Genehmigung mehr zur Nutzung des Flusswassers bekämen – warum dann die Nachbargemeinde? Er machte den Vorschlag, das Wasser für den Seddiner lieber aus dem Schwielowsee zu holen. CDU-Stadtverordnete Gabriele Rennebarth erinnerte an DDR-Zeiten, als durch Meliorationsprojekte viele Flächen im Nieplitz-Bereich trocken gefallen seien.
„Wir werden keinem Bauern das Wasser abgraben“, hielt Bürgermeister Wardin dagegen. Der Oberlauf sei von der Entnahme nicht betroffen, erst im Unterlauf werde abgepumpt. Die Initiatoren machten folgende Rechnung auf: 800 000 Kubikmeter Wasser würden jährlich aus dem Beelitzer Klärwerk in die Nieplitz fließen. Dabei handelt es sich um Grundwasser, das von den Bürgern genutzt und verbraucht wird, schließlich als Abwasser in Beelitz landet – auch aus dem Einzugsgebiet des Seddiner Sees. „Wir sollten uns lieber fragen, wie wir die restlichen 500 000 Kubikmeter in der Region behalten können – denn die fließen weiter in die Nordsee“, so Wardin. Thomas Lähns
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