Potsdam-Mittelmark: Nachfolger gesucht!
Viele Firmen stehen vor einem Generationswechsel
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Werder (Havel) - Vor rund 14 Jahren hat Alteigentümer Horst Borchardt das Geschäft an seinen Sohn Thomas übergeben. Jetzt steht bald der nächste Generationswechsel an. Enkel Karsten soll das Ruder in die Hand nehmen. Eine anspruchsvolle Aufgabe und alles andere als ein Selbstläufer. Diese Erfahrung musste auch Karstens Vater machen. „Viele unserer Kunden haben über Jahre hinweg einen engen Kontakt zu meinem Vater aufgebaut. Trotzdem ich den gleichen Service anbiete, möchten einige Leute nur von ihm beraten werden“, schildert Thomas Borchardt seine Erfahrung.
In Brandenburg finden jährlich einige Hundert Betriebe einen neuen Eigentümer. Fast 53 000 der über 63 000 märkischen Unternehmen sind in familiärer Hand. Doch nicht überall gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger so problemlos wie im Werderaner Traditionsunternehmen. Das Fachgeschäft für Augenoptik führt die Familie schon seit 1961. Mit zwei Filialen sind sie in der Havelstadt fest etabliert. Sein Rüstzeug erlernte auch Enkel Karsten im väterlichen Betrieb. Seit Juni darf er sich mit gerade mal 24 Jahren Meister nennen – die Grundlage für die Fortführung der Filiale am Werder-Park, in der Horst Borchardt, inzwischen 80-jährig, immer noch tätig ist.
„Schwierig wird es immer dann, wenn das zu übergebene Unternehmen zu sehr vom Altinhaber geprägt ist und mit der Person Kundenkontakte und Geschäftsbeziehungen verloren gehen“, sagt Andreas Lehmann von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam. In der Regel gleicht sich dieser Effekt nach einer Zeit der Umgewöhnung wieder aus. Für Thomas Borchardt gibt es keine wirkliche Alternative zur innerfamiliären Unternehmensfortführung. „Wenn mein Sohn nicht weitermachen würde, wäre wohl Schluss“, so der Optiker. Eine Übergabe an selbst ausgebildete Fachkräfte sei kaum möglich. Zwar würde man genügend Lehrlinge finden, jedoch fehlten hier allzu häufig die gewünschten Qualifikationen.
Borchardt sorgt sich auch um andere Unternehmen, die Nachfolger suchen. Diese Befürchtung ist laut IHK nicht unbegründet. „Viele der anstehenden Übergaben resultieren aus Neugründungen Anfang der 90er-Jahre. Da bei rund zehn Prozent aller Inhaberwechsel ein Scheitern droht, ist neben dem Verlust von Arbeitsplätzen ein volkswirtschaftlicher Schaden für die Region zu erwarten“, so Andreas Lehmann. Die IHK Potsdam schätzt, dass allein in Westbrandenburg in den nächsten fünf Jahren bei rund 7000 Unternehmen die Übergabe ansteht. 23,4 Prozent der Inhaber haben das 56. Lebensjahr erreicht oder sind bereits älter. Der Anteil variert von Branche zu Branche und liegt im Bau bei zwölf Prozent, in der Industrie bei 27 Prozent und im Gastgewerbe gar bei 33 Prozent. Im Handwerk wird für knapp 19 Prozent der Betriebe mit einem Eigentümerwechsel gerechnet.
Für Firmen, die sich am Markt etabliert haben, über qualifiziertes Personal und einen festen Kundenstamm verfügen, sind die Übergabechancen sehr vielversprechend. Banken und Sparkassen stehen bei einer Finanzierung des Unternehmenswertes und notwendigen Investitionen in der Regel nicht im Wege. Derartige Voraussetzungen gibt es jedoch nicht bei jedem Unternehmen. Deshalb können sich künftige Alt- und Neueigentümer unabhängig von der Kammerzugehörigkeit kostenfrei an die gemeinsam von IHK und Handwerkskammer Potsdam unterhaltene Beratungsstelle für Unternehmensnachfolge wenden. Am 12. September findet zudem im Kongresshotel am Templiner See ein Info-Abend zum Thema statt. Martin Klocke
Martin Klocke
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