KulTOUR: Nachtmusik am Nachmittag
Solisten der Komischen Oper gaben Michendorf eine klassische Note
Stand:
Michendorf - Die kleine Nachtmusik fand bereits am Nachmittag statt, in Michendorf, „Zum Apfelbaum“. Trotz üppigen Eintrittspreises und guten Frühlingswetters waren fast 50 Gäste ins Gemeindezentrum gekommen, um das Streichquartett der Komischen Oper Berlin mit einem kleinen Mozart-Programm zu erleben.
Im Jahr seines 250. Geburtstages werden die Melodien des Salzburgers mehr als sonst gespielt. Nicht neu, aber jederzeit wirksam, hoben Konrad Other, Claudia Börner, Eberhard Wünsch und Hans-Joachim Scheitzbach als Cellist im Ruhestand somit auch hier die Reihe „Klassik populär“ aus ihrer Taufe. Gute Idee, ein nicht gerade konzertverwöhntes Publikum fürs angeblich Gehobene zu interessieren, zumal der Ruheständler als Musiker und eloquenter Entertainer eine gehörige Erfahrung mit solchen Veranstaltungen mitbringt. Mozart, so schwärmte er, heiße in seinen Kreisen nicht umsonst MoZart, denn zart will diese „ganz reine Musik“ auch gespielt sein. Sie sei nobel, ehrlich und schütze vor Krankheit des Herzens – ein wahrer Prüfstein für alle Interpreten, wovon man sich schon bei den ersten Takten eines unbenannten „Divertimentos“ überzeugen konnte: Voller Einsatz von Anfang an, Eleganz, Schwung, nicht schlecht.
Populär im besten Sinne „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus der Papageno-Arie der „Zauberflöte“, Motiv für Potsdams Glockenspiel „Üb immer treu und Redlichkeit“, populär denn auch das Lied „Sehnsucht nach dem Frühling“, besser als „Komm lieber Mai und mache“ bekannt. Es war eine gute und unterhaltsame Art, über den selbsternannten „Hanswurst in Deutschland“ zu plaudern, erst südlich der Alpen fühlte er „mozartinisch“ und als sich selbst als Amadé. Dankenswerterweise gab das Quartett mit „Brüder reicht die Hand zum Bunde“ und „Ave verum corpus“ auch zwei selten gespielte Freimaurer-Stücke, langsam und mit zartestem Bogenstrich gegeben, nur etwas düster zu hören.
Weil Mozarts Musik jenseits der Sprache ist und „sehr ästhetisch“ gespielt werden muss, solle man „still sein, ihn nehmen, wie er ist“. Ein treffliches Wort zur richtigen Zeit, im Jubeljahr! Wo ein Interpret dem Komponisten so treulich dient, kommt immer etwas Gutes heraus. Gut war auch die Atmosphäre dieses Nachmittags, die Berliner spielten im Scheinwerferlicht der hohen Bühne, der Raum war angenehm abgedunkelt, man saß gut beieinander. Nach der Pause gab es dann „Die kleine Nachtmusik“ im Stück. Bis auf ein paar unruhige Kratzer im Finalsatz klang diese Serenade sehr hübsch, sehr leicht, eben „ästhetisch“.
Für eine Zugabe nach bestem Applaus war keine Zeit, die berufstätigen Kollegen mussten in Berlin noch einen regulären Dienst absolvieren. Aber es gab das Versprechen, im Juli auf ein Sommerkonzert im Freien wiederzukommen, im Dezember zu Weihnachten. Klassik populär wie erhofft: Informativ, unterhaltsam, musikalisch auf hohem Niveau. Einfach gut fürs Herze. Gerold Paul
Gerold Paul
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: