Von Thomas Lähns: Neuanfang für Freiwillige Feuerwehr Glindow
Grundstein für neues Depot soll kommende Woche gelegt werden / Reliquien und Dokumente aus 80 Jahren für immer verloren
Stand:
Werder (Havel) - Es sieht aus wie nach einem Luftangriff: Verkohlte Balken ragen nach oben, abgeschlagene Steine liegen zu einem großen Schutthaufen aufgetürmt. Nur die hinteren Wände des Glindower Feuerwehr-Gerätehauses stehen noch. In den früheren Schulungsraum ist das Dach hinein gekracht: Teerpappe, die zu einem schwarzen Klumpen verschmort ist. Die Fenstergitter hängen noch. „Da sind die Einbrecher damals reingekommen“, sagt Werders Stadtwehrführer Lothar Boreck und deutet in Richtung der aufgesägten Eisenstangen. Und weil die Täter hier weder Computer noch wertvolles Gerät oder gar Bargeld gefunden haben, hätten sie das Gebäude eben angezündet – „aus Gnatz“, wie Boreck vermutet. Es ist nur noch eine Frage von Stunden, bis der Abrissbagger auch mit diesem Bereich kurzen Prozess macht. Denn in der kommenden Woche soll der Grundstein für ein neues Depot gelegt werden – gut zweieinhalb Jahre, nachdem ein Brand das alte größtenteils zerstört hat.
Damit ist für die Glindower Kameraden ein Ende der Provisorien in Sicht. Während die theoretischen Schulungen in die benachbarte Grundschule verlegt wurden, musste die Fahrzeughalle weiter genutzt werden – den ausgebrannten Sozialtrakt hatten die Feuerwehrleute also stets vor Augen. Diese Arbeitsbedingungen hatte die Ortswehrführung immer wieder als „unwürdig“ angeprangert und auf einen raschen Baubeginn gedrängt. Doch es gab viele Unwägbarkeiten: Zuerst musste eine Flurbereinigung vorgenommen werden, denn das Gelände an der Dr.-Külz-Straße war wie ein Flickenteppich aus mehreren Parzellen zusammengewürfelt. Die Grundstücksgrenzen verliefen teilweise durch die Gärten und sogar Häuser. Auch die Zufahrten mussten verlegt werden, denn das neue Depot entsteht mitten auf dem früheren Parkplatz an der Straße. Danach hatten sich die Behörden eingeschaltet und unter anderem eine Ampel vor der Ausfahrt gefordert. Die mache aber nur bei einer Berufsfeuerwehr Sinn, da die ständig besetzt ist und sofort ausrücken kann, so Boreck. Das Amt für Immissionsschutz schließlich sperrte sich gegen den Neubau im Wohngebiet, weil das Martinshorn zu laut sei. Der Kompromiss: Erst wenn die Fahrzeuge auf der Straße sind, wird die Sirene eingeschaltet.
Knapp 890 000 Euro will die Stadt Werder investieren. Dafür entsteht ein Gebäude, das weitaus größer sein wird als das alte Domizil. Die Garage bietet Platz für Lösch- und Tanklöschfahrzeug sowie für den Anhänger mit Schlauchboot. Im Sozialtrakt wird es getrennte Umkleide- und Duschräume geben, und im Obergeschoss entsteht ein großer Schulungsraum sowie ein extra Raum für die Jugendfeuerwehr. Auch ein Büro für den Ortswehrführer ist geplant.
Viele Dinge jedoch sind mit dem Brand für immer verloren gegangen: Fotos, Dokumente und Pokale aus knapp 80 Jahren Feuerwehrgeschichte, sogar die Helmsammlung ist verbrannt. Es ließen sich vielleicht noch Aufzeichnungen in privaten Archiven finden, doch unterm Strich müsse man bei Null anfangen, sagt Ortswehrführer Heiko Schlunke, während er in den Trümmern steht. Die Flammen haben der Glindower Wehr ein Stück ihrer Identität geraubt. „Für uns war es ein Schock“, so Schlunke. Er hatte in der Nacht zum 16. November 2006 Bereitschaft gehabt. Als der Pieper losging, habe er sich sofort auf den Weg zum Gerätehaus gemacht, um dort die Einsatzkombi anzuziehen und mit den Kameraden auszurücken. Wo genau das Feuer ausgebrochen war, wusste er zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Ich sah bereits von weitem die Rauchschwaden – und als ich um die Ecke bog, stand das Gerätehaus in Flammen“, erinnert er sich. Besonders mutige Feuerwehrmänner waren schon dabei, die Fahrzeuge aus der Garage zu retten, bevor das Feuer auch auf diesen Gebäudeteil übergreifen konnte, andere rollten geistesgegenwärtig die Schläuche aus, um den Löschangriff vorzubereiten. Niemand habe danach das Handtuch geworfen und den Dienst quittiert, lobt Stadtwehrführer Boreck die Glindower Kameraden. Auch ohne richtiges Depot haben die 23 Aktiven weiter ihren Dienst verrichtet und allein im vergangenen Jahr über 60 Einsätze absolviert. Dieses Jahr sind es schon 34 gewesen.
Von den Tätern fehlt weiterhin jede Spur, wie Boreck sagt. In der Brandnacht waren Unbekannte auch in das Gerätehaus einer Potsdamer Ortswehr eingebrochen, vermutlich die gleichen. „Normalerweise werden Funkgeräte oder Kettensägen gestohlen“, sagt er, denn damals hatte es eine ganze Serie solcher Einbrüche gegeben. Die endete mit dem Brand in Glindow nur vorläufig: Erst im April dieses Jahres ist in das Gerätehaus der Feuerwehr Fahrland eingebrochen worden.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: