zum Hauptinhalt
Service für Wildtiere. Seit 2005 überspannt eine Grünbrücke die A 11 in der Uckermark. Eine solche Brücke gibt es jetzt auch über der A2 bei Niemegk.

© Patrick Pleul/lbn

Potsdam-Mittelmark: Neue Brücke für Vierbeiner

Das wald- und wildreiche Brandenburg erhält eine dritte Grünbrücke über eine Autobahn

Stand:

Niemegk - Für Damhirsche, Wildschweine, Rehe und Füchse ist die Wildbrücke über die A11 Berlin-Szczecin ein idealer Pfad durch die Schorfheide. Zwischen 2005 und 2010 registrierten Forscher an dieser Brücke rund 23 000 Wildwechsel. Infrarot-Scheinwerfer, Bewegungsmelder und Kameras machten diese Beobachtungen des Landeskompetenzzentrums Forst Eberswalde im Biosphären-Reservat Schorfheide-Chorin möglich. An diesem Donnerstag wird nun die dritte Grünbrücke im Land Brandenburg übergeben. Sie überquert die A9 bei Niemegk im Fläming.

Die Brücke über die A 9 kostet laut Angaben des brandenburgischen Umweltministeriums rund 7,3 Millionen Euro, der Bau dauerte 14 Monate seit August 2010, weitere vier Monate dauerte die Begrünung. Die Brückenfläche ist fast 3000 Quadratmeter groß – ungefähr soviel wie ein halbes Fußballfeld – und etwa 50 Meter breit. Sie überspannt die Autobahn in fünf Metern Höhe mit einer Stützweite von 46 Metern. „Grünbrücken sind als Wildtierkorridore enorm wichtig für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Brandenburg“, erklärte Umweltministerin Anita Tack (Linke) im Vorfeld der heutigen Übergabe bei Niemegk. Zudem seien sie ein hervorragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Verkehrs- und Umweltbehörden.

Auch wenn manchmal die Kameras ausfallen: „Wir wissen fast lückenlos, wann welches Tier in welcher Gangart die Brücke über die A11 genutzt hat“, sagt der Sprecher des Kompetenzzentrums Forst, Jan Engel. „Am spektakulärsten war der Wolf.“ Der Isegrim trabte am 24. Oktober 2007 um 0.36 Uhr zügig von Ost nach West über das inzwischen dicht bewachsene Bauwerk, heißt es in einer Analyse nach fünf Jahren Monitoring.

In der Wanderstatistik der Tierarten zeigt sich Rotwild als scheu. „Das Rotwild hat sich noch nicht so daran gewöhnt und ist eher ein bisschen vorsichtig“, erläutert Engel. Das könne aber auch daran liegen, dass die Tiere rechts und links der Autobahn genügend oder gute Lebensräume finden und auf Wanderschaft verzichten. Dabei waren die stattlichen Hirsche einer der wichtigsten Gründe, die Grünbrücke ausgerechnet dort zu errichten. Aber auch dieses Verhalten interessiert die Forschung. „Etwa eine Handvoll Tiere trägt einen Sender, um deren Wege nachzeichnen zu können“, sagt Engel. Mit den Wildbrücken soll den Tieren nicht nur unfallfrei über die Fahrbahn geholfen werden. Auch natürliche und durch Straßen zerschnittene Lebensräume sollen verbunden und der genetische Austausch der Tiere verbessert werden.

„Wir würden uns noch viele solcher Brücken wünschen“, berichtet Bernd Möller, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Brandenburg. „Nicht nur der Wolf wandert, auch Rot- und Damwild braucht solche Fernwechsel zum Genaustausch.“ Wildbrücken sind bewachsen und für Spaziergänger tabu. Besonders junge Tiere machten sich auf den Weg, um einen Partner zur Paarung woanders zu finden, erklärt Möller. „Die Straßen stehen dem entgegen.“ Auch Verkehrsunfälle seien ein Aspekt: „10 Prozent des „Abschusses“ machen Autofahrer“, betont der Geschäftsführer. Zwar seien Autobahnen zumeist eingezäunt, doch Landstraßen nicht.

Das Bundeskabinett hat im Februar ein deutschlandweites Programm beschlossen, das den Bau von etwa 90 Wildtierbrücken vorsieht. Damit seien Voraussetzungen geschaffen, etwas für den Artenschutz zu tun, sagte ein Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Im Land Brandenburg wird es nach den Brücken über die A11, die A13 bei Großräschen in der Lausitz und der neuen im Fläming noch zwei weitere geben. Wie Infrastrukturministerium und Umweltministerium berichten, wird eine Brücke über die A12 Berlin-Frankfurt (Oder) gebaut, eine weitere ist über die A11 geplant. Dort können Hirsch, Reh, Fuchs und Dachs dann an zwei Stellen die Autobahn queren. Alle fünf Brücken kosten zusammen rund 30 Millionen Euro. Ursprünglich war auch eine weitere Grünbrücke über die A 9 bei Beelitz geplant. Für sie ist jedoch vom Bund die Finanzierung gestrichen worden, wie Anfang Februar auf Anfrage der Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm (Grüne) bekannt wurde. (mit ldg)

Steffi Prutean

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })