KulTOUR: Neun Positionen
Moderne Kunst: Im Kleinmachnower Kulturhaus Z200 laufen Sandtüten aus und malen Maler blind
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Kleinmachnow - Es versteht sich von selbst, dass jeder seine Meinung hat, also Position. Duckmäuser und Opportunisten verbergen sie gern. Künstler können das nicht, sonst gäbe es ja nix zu sehen, weder Ausstellung noch Werk, und die Zunftgelehrten der Kunstwissenschaft hätten nichts zum Zu- oder Einordnen. Wäre das nicht ganz furchtbar schrecklich? Eigentlich nicht, aber dem ist ja nicht so.
Die neue Ausstellung in Kleinmachnows „Z 200“ hat statt eines gemeinsamen Themas das Wort zum Titel erhoben: „Neun Positionen“ aus dem „Neuen Atelierhaus Panzerhalle“ Groß Glienicke also im restaurierten Landarbeiterhaus – Malerei, Grafik, Experimentelles und Video. Man darf davon ausgehen, dass hier augenblickliche Befindlichkeiten gemeint sind, ein Maler arbeitet nicht für die Kunstwissenschaft, auch das wäre schrecklich.
Also betritt man das Kulturhaus von der Hofseite aus, und stößt zunächst auf Berge, in schneeweiß und firnblau höchst realistisch gemalt, mit Tannen und Loipen, einmal sogar panoramamäßig erfasst von Beret Hamann. Ihre Position heißt also „Natur, Alpen, Licht und Schatten“. Eine ganz andere findet man bei Julia Antonia. Sie hat sich derzeit der „Blindmalerei“ verschrieben, indem sie ihr Gegenüber mit verbundenen Augen porträtiert. Das schafft wohl ihr innerer Blick. Macht sie die Augen wieder auf, ist es vorbei, nun bleibt das Bild, wie es ist. So entstehen manchmal doppellinige Gesichter, die dann nachkoloriert werden.
Mathias Mühle hatte die clevere Idee, auf die Rückseite von Rahmenglas zu malen und zu drucken, statt auf Karton oder Leinwand. Seine Motive holt er von da, wo er derzeit lebt, von Kenias Menschen. Afrika ist hier die Position, und „Hinterglasmalen“. So kann man fortsetzen, mit den Lichtskulpturen und den „Stills“ von Anna Werkmeister oder mit Sandra Riches Video, in dem jemandem Sand aus den Fingern rinnt, na ja.
Eine richtig gute Idee von Michael M. Heyers, seine Kollegen aus der Potsdamer Panzerhalle samt Werk nach Kleinmachnow zu holen. Am ersten Wochenende war die Ausstellung gut besucht. Etwas Grün fehlte zur Dekoration. Auch Heyers hat ausgestellt, ältere Arbeiten wie sein „scharfes S“ und irgendwelche „Faltungen“ an der Wand zu befestigen. Seltsame Gebilde, unfromme Namen.
Also hat jeder seine momentane Position und Befindlichkeit, rein menschlich und auch ästhetisch gesehen. Nicht ganz neu ist der Einsatz von Schnittmusterbögen als „Grundierung“ für bildsame Werke, wie Ilse Winckler sie grafisch erprobt. Sie korrespondieren gut mit der Wandstruktur im Ausstellungsraum.
Einen gewissen Dekor-Effekt darf man auch Bettina Schillings „Randcollagen“ zubilligen. Sie malt Figuren mit exotischem Flair auf Kork, schneidet aus und klebt sie dann an die Wand. Einer klettert empor, ein anderer hängt von oben herab, eine dicke Maid entfernt sich, das wirkt ein bisschen indisch und chinesisch, aber hübsch. Das Ganze betitelt als „Rauminstallation“.
Bettina Semmers Ding ist die Zeitungsausriss-Collage, wie man sie seit Jahrzehnten betreibt. Eine Position aus Tradition, könnte man sagen, immerhin leicht übermalt. Kein schlechter Export aus Groß Glienicke. Jeder tut „seins“, und gar nichts tut weh. Sonst wär’s ja auch schrecklich! Die Ausstellung ist gut gestaltet, nicht uninteressant, doch kaum für die Ewigkeit bestimmt. Das wäre bei solchen Positionen auch nicht zu erwarten. Gerold Paul
Die Ausstellung am Zehlendorfer Damm 200 ist noch am 25., 26. und 27. Oktober, jewiels von 13 bis 19 Uhr, zu sehen.
Gerold Paul
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