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Potsdam-Mittelmark: Nicht tonlos in die Adventszeit

Die historische Sauer-Orgel auf dem Südwestkirchhof muss dringend saniert werden. Die insolvente Werderaner Orgelbaufirma Schuke hilft in der Not

Von Eva Schmid

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Stahnsdorf – Des einen Freud ist des anderen Leid: Die über 100 Jahre alte Sauer-Orgel auf dem Südwestkirchhof ist in den letzten Wochen nahezu unspielbar geworden. Und das ausgerechnet zur Adventszeit, wenn Hochbetrieb in der norwegischen Holzkapelle herrscht. Jetzt springt die insolvente Werderaner Orgelbaufirma Schuke kurzfristig ein und saniert das Instrument – wäre sie eingebunden gewesen in die ursprünglich anstehenden und jetzt abgeblasenen Großaufträge in Russland und der Ukraine (PNN berichteten), wäre es still geblieben in Stahnsdorf.

„Wir sind zwar nur ein kleiner Kunde, aber immerhin ein sehr treuer“, sagt Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt. Seitdem er seinen Dienst auf dem Friedhof vor 25 Jahren angetreten hat, kümmert sich das Werderaner Traditionsunternehmen um die knapp 1000 Orgelpfeifen, die zwei Manuale, die 14 Register und die filigranen Bleileitungen, die im Inneren des Orgelkörpers schlummern. Auch schon zu DDR-Zeiten waren die Orgelbauer aus Werder für die empfindliche pneumatische Orgel zuständig.

Wie auch im Berliner Dom gibt es nur noch wenige Orgeln dieser Art, die beim Anschlag einer Taste die Orgelpfeife erklingen lassen. „Wird eine Taste angeschlagen, dann kommt die Luft über kleine Blasebälgchen in die Leitungen und bei der Orgelpfeife an“, sagt Ihlefeldt, der regelmäßig den Orgelbauern über die Schulter schaut und mittlerweile versteht, wie das komplexe Musikinstrument funktioniert.

Doch die Orgel ist anfällig, zu viel Wärme verträgt sie nicht. „Sopran E ist verstimmt“, „Register gedackt, geht gar nicht“, „Tonausfälle im zweiten Manual“ – die Mängelliste ist lang. In ein kleines Büchlein schreiben die jeweiligen Organisten ihre Notizen, Ihlefeldt setzt das dann der Firma Schuke vor. Die wissen was zu tun ist – dieses Mal sind es die kleinen Blasebälgchen. Sie sind mit Leder umspannt, das immer brüchiger wird. Schuld daran ist die Heizungsluft.

„Im Gegensatz zu früher ist es bei den Trauerfeiern in der Kapelle heute wärmer“, so der Friedhofsverwalter. Die Schwerkraftheizung, die bis in die 70er-Jahre dort für Wärme sorgte, und auch die nachfolgende strombetriebene Heizung direkt unter den Kirchenbänken schafften es auf eine Raumtemperatur von 15 Grad. Heute kommt man mit der Ölheizung um fünf Grad höher. „Die Wärme der Ölheizung ist zudem sehr trocken und in einer Holzkirche haben wir kein feuchtes Gemäuer“, so Olaf Ihlefeldt.

Daher müssen die vielen kleinen Blasebälgchen von ihrer Lederummantelung befreit werden. Zwar wollte man bei der großen Generalüberholung der Orgel vor fünf Jahren ausschließlich nach historischem Vorbild sanieren – doch die Rechnung ging wohl nicht ganz auf. Statt des Leders wird nun eine synthetische Membran eingesetzt. Das Material sei modern und widerstandsfähig, haben die Orgelbauer dem Friedhofsverwalter erklärt.

Die Zeit drängt, einen erneuten Ausfall wie bei der vergangenen Kulturnacht, will Ihlefeldt vermeiden. „Das Problem ist, dass Töne wegblieben.“ Klangvolle Werke wie Arien von Bach oder Händel würden dadurch zerfallen. Jedoch würden nur Kenner den Unterschied hören. „Die fallen dann aber vor Schreck von der Bank“, so Ihlefeldt.

Der Auftrag zur Reparatur der historischen Orgel auf dem Südwestkirchhof ist für die von der Insolvenz bedrohten Orgelbaufirma nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Lediglich 5000 Euro kostet das Einsetzen der modernen Membranen. Ihlefeldt hofft, dass es für die Firma weitergeht. „Das würde mich sehr treffen, wenn es Schuke nicht mehr geben würde.“ Zudem würde ihm spontan auch kein anderes Orgelbauunternehmen in der Region einfallen, das er rufen könnte bei Problemen. Unterstützung hat das angeschlagene Traditionsunternehmen jüngst auch von der Evangelischen Pfingstgemeinde in Potsdam bekommen. Sie haben ihren Orgelneubau vorgezogen, um dem Werderaner wenigstens etwas Unterstützung zu geben.

Der sogenannte Spieltisch und die Blasebälgchen sind ausgebaut, bis zum 13. Dezember muss alles fertig repariert sein. Dann starten die traditionellen Adventskonzerte, die jedes Jahr die kleine Holzkapelle bis auf den letzten Platz füllen. In der Advents- und Weihnachtszeit ist die Orgel oft in Betrieb. Doch das reicht nicht: „Sie müsste eigentlich einmal pro Woche gespielt werden“, so Ihlefeldt. Doch im Jahr komme man nur noch auf zehn Orgeleinsätze. Orgelmusik bei Trauerfeiern ist aus der Mode gekommen: Angehörige bringen heute lieber die Lieblings-CD des Verstorbenen mit. Da könne dann dann auch mal Michael Jackson laufen, sagt der Friedhofsverwalter.

In der Vorweihnachtszeit gibt es drei Konzerte in der Norwegischen Holzkirche, die Termine sind am 14., 20. und 21. Dezember. Die Karten kosten 10 Euro, Reservierungen unter Tel.: (0179) 379 3503 oder info@suedwestkirchhof.de.

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