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Von Hagen Ludwig: Nicht zum Schippen auf die Straße
Richtungsweisendes Urteil des Verwaltungsgerichtes zu Winterdienstpflichten von Anwohnern
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Potsdam-Mittelmark / Potsdam - Grundstückseigentümer können von den Gemeinden nicht zum Winterdienst auf den Straßen vor ihrer Haustür verpflichtet werden. Das ist das wichtigste Fazit zweier Verhandlungen am gestrigen Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Potsdam. Konkret haben zwei Grundstückseigentümer aus Blankenfelde-Mahlow und Seddiner See erfolgreich dagegen geklagt, dass ihnen von den Kommunen Pflichten zu Reinigung, Winterdienst und Grünpflege auf Straßen ohne angelegte Gehwege auferlegt wurden.
Der Vorsitzende Richter Jürgen Steiner stellte zu beiden Fällen klar, dass laut Straßengesetz des Landes Brandenburg lediglich die Reinigungspflicht an die Eigentümer erschlossener Grundstücke übertragen werden kann. Diese umfasst beim Winterdienst aber nur die Verpflichtung, „die Gehwege und Überwege für Fußgänger vom Schnee zur räumen und bei Glätte zu streuen“. Straßen ohne Gehweg seien davon nicht erfasst. Nur in Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen (Spielstraße) gelte ein 1,50 Meter breiter Streifen entlang der Grundstücksgrenze als Gehweg, auf dem die Eigentümer zum Winterdienst verpflichtet werden können.
Auf öffentlichen Straßen seien indes allein die Gemeinden für den Winterdienst verantwortlich – nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit, wie es im Gesetz heißt. Grundsätzlich erklärte Richter Steiner: Jenseits der angelegten Gehwege, Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereiche seien die Gemeinden ausschließlich selbst und ohne Übertragungsmöglichkeit auf die Anlieger zum Winterdienst verpflichtet.
Diese richtungsweisende Klärung des Verwaltungsgerichtes dürfte für viele Kommunen Anlass sein, ihre Winterdienstsatzungen noch einmal zu prüfen. So hatte die Stadtverwaltung Teltow erst vor einigen Tagen darauf hingewiesen, dass die Grundstückseigentümer einen 1,50 Meter breiten Streifen neben der Fahrbahn zu räumen und zu streuen haben, wenn kein befestigter Gehweg vorhanden ist (PNN berichteten). Bereits im vergangenen Winter hatte der mittelmärkische Landrat Wolfgang Blasig (SPD) für heftige Diskussionen gesorgt, als er erklärte, die Gemeinden könnten ihre Anwohner nicht per Satzung zum Schneeschippen auf die Straße schicken. Unterstützung bekam er von einem prominenten Einwohner Kleinmachnows: Wolfgang Farke, beruflich als Präsident des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes tätig, erklärte, dass es im Land Brandenburg keine Gesetzesgrundlage für den Winterdienst von Anwohnern auf der Straße gebe. Heftiger Widerspruch kam damals unter anderem vom Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher. Im Zuge dieser Diskussion novellierte unter anderem die Gemeinde Michendorf ihre Straßenreinigungssatzung und beschloss, dass künftig zumindest alle befestigten Straßen von der Kommune geräumt werden. Die Kosten sollen zum Teil auf die Anwohner umgelegt werden.
Konkreter Anlass für die Klage gegen die Gemeinde Seddiner See war eigentlich nicht der Winterdienst. Wolfgang Koss, Geschäftsführer der in Liquidation befindlichen Stolle GmbH, hatte sich dagegen gewehrt, dass ihn die Gemeinde per Ordnungsverfügung zur Mahd eines begrünten Seitenstreifens vor dem Betriebsgelände verpflichten wollte. Das Gericht gab Koss Recht. Die Gemeinde habe im Verfahren eine Vielzahl von Fehlern begangen, hieß es. Grundsätzlich könne die Kommune den Eigentümern die Reinigungspflicht nur per Satzung übertragen. Grünpflege irgendwelcher Art gehöre aber auf keinen Fall zur Reinigungspflicht. Darüber hinaus hätte die Gemeinde Koss als natürliche Person nicht anstelle der GmbH heranziehen dürfen. Letztlich sei die zu erfüllende Pflicht in der Verfügung nicht konkret bezeichnet worden. Der stellvertretende Bürgermeister, Bernd Fuhrmann, nahm noch vor Gericht die Ordnungsverfügung zurück.
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