Potsdam-Mittelmark: „Nie Probleme mit dem Denkmalschutz“
Malerfirma baute Gewerbehof in Werder neu auf
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Werder (Havel) - Die Geschichte ist ungebrochen: Seit dem Jahre 1875 ist die Eisenbahnstraße 32/33 in Werder ein Gewerbestandort. Damals hatte Julius Lüdicke hier die erste metallverarbeitende Fabrik der Stadt gegründet, die Maschinen für die Ziegelindustrie produzierte. Vor zwei Jahren wurde das Ensemble, zu dem auch die benachbarte Fabrikantenvilla gehört, unter Denkmalschutz gestellt.
Svenja Meinecke und Roland Haeßler ließen sich auch davon nicht beirren: Die Inhaber der Malerfirma Protz bauten und sanierten mit ihren 18 Mitarbeitern weiter, wenn etwas Zeit zwischen den Aufträgen war. „Wir hatten nie Probleme mit dem Denkmalschutz“, sagt Roland Haeßler. Man möchte es ihm fast glauben: Am Montag wird der neue Showroom der Firma eröffnet, in dem noch viele der historischen Details – wie Kranbahn und Eisensprossenfenster – zu entdecken sind. Damit ist der letzte Baustein zur Rekonstruktion des von Ziegelbauten und Holztoren geprägten Gewerbehofs gesetzt. Die Fassade des Showrooms ist – als Anschluss an die benachbarte Fabrikantenvilla – neobarock aufgehübscht.
Seit 1900 hatte in dem Hof der Maschinenfabrikant Fritz Dänike seine Produktionsstätte, 1940 erwarb Reinhold Schuster das Unternehmen und begann mit der Produktion von Elektromotoren. Seit 1952 bis zur Wende wurde die Anlage durch das „VEB Schaltgerätewerk Werder“ genutzt – heute besteht das SGW als GmbH & Co KG mit einer Produktionsstätte in der Straße Am Zernsee weiter.
Als die Malerfirma Protz im Jahre 2004 nach einem neuen und größeren Standort suchte, fiel die Wahl auf das frühere Werk I des Schaltgerätewerks. Seit Jahren hatte es leer gestanden, einige hunderttausend Euro wurden seitdem investiert. Wohnen, Kultur, Gewerbe – so überplanten Haeßler und Meinicke die VEB–Brache. In der ehemaligen SGW-Prüfstrecke am Havelufer richteten sie sich selbst häuslich ein. Im südlichen Werkstatt-Trakt zur Eisenbahnstraße fanden die Firmenräume Platz, der nördlich der schmalen Erschließungsgasse liegende Trakt konnte an das Schneideratelier der „Frauenzimmer“ vermietet werden.
Selbst für die alte Kantine fand man eine Verwendung: Seit der Sanierung vor drei Jahren dient sie als Trainingsraum für Tanz- und Sportgruppen wie die Power-Children, die Linksfüßer, eine orientalische Bauchtanzgruppe oder eine Yoga-Gruppe der Volkshochschule. Hin und wieder mieten sich hier auch Familien und ehemalige SGW-ler für Geburtstagsfeiern ein. In das frühere Verwaltungshaus an der Straße zog nach der Sanierung das Ehepaar Wahl-Heidke ein – sie ist Kunstsammlerin, was man im Hof an einigen Exponaten auch sehen kann.
Letztes Kapitel der Sanierung war die alte Produktionshalle an der rechten Seite der Straßenfront. Hier wird die Malerfirma in historischem Backstein- und Stahl-Ambiente ab Montag ihre handwerkliche Bandbreite – von altem Mauerkalkspachtel bis zu modernen, mineralisch beschichteten Tapeten – präsentieren. Zudem werden originelle Wohnaccessoires, französische Stoffe und Fayencen von Gien, Niederviller oder Olivier Thevenon angeboten – Dinge, wie sie nicht überall zu haben sind.
Wer sich länger aufhalten möchte, ist an der Bar zu Kaffee, selbstgemachten Kuchen oder einem kleinen Imbiss willkommen – entspannen im Industriedenkmal. Zum Betrieb des kleinen Ladens hat die Firma mit Betti Weh aus Beelitz eine neue Mitarbeiterin eingestellt. Henry Klix
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