KulTOUR: Niemandem zuliebe – niemandem zuleide
Das Kossätenhaus in Ferch zeigt Arbeiten des Impressionisten Emil Pottner
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Der Impressionismus war nie etwas für jedermann. Das zumindest behauptet Wolfgang Immenhausen, seines Zeichens Galerist von „Mutter Fourage“ in Wannsee und Kenner der Branche. Der Impressionismus also, so Immenhausen, war etwas Vornehmeres. Dass er sich selbst da mit hineinzieht, versteht sich von selbst, denn er gilt, unter anderem, als Sammler und ausgewiesener Kenner des verstreuten und fast unbekannten Werkes von Emil Pottner.
Das Museum der Havelländischen Malerkolonie Ferch hätte sich also zur Weiterführung seines Langzeitprojektes „Berliner Sezession“ keinen besseren Kooperationspartner als Immenhausen wünschen können: Er steuerte Bilder und Keramiken des von den Nazis ermordeten und heute wiederentdeckten jüdischen Malers Pottner bei, stellte einen exzellenten Katalog zum Pottner zur Verfügung und sprach zur Vernissage kürzlich auch ein paar besonders herzlich lange Worte.
Das Thema „Sezession“ haben ja derzeit viele Museen für sich entdeckt, Ferch aber kann Spezielles dazutun: Maler der Sezession nämlich, die auch zu den „Havelländischen“ gezählt werden. Genau das trifft auf Pottner zu. Sein Leben war reicher, als man es ausmalen könnte, nach 1933 tragisch, wie man weiß: 1872 in Salzburg geboren, in Braunschweig aufgewachsen, Studium an der Kunstakademie München. 1889 lernt der stets Mittellose den Berliner Kunsthändler Paul Cassirer kennen, 1904 tritt er der Berliner Secession bei und blieb Mitglied bis 1917. Um 1907 erwirbt er ein Ufergrundstück zwischen Baumgartenbrück und Werder, das sein Lebens- und Schaffensmittelpunkt werden sollte – bis zur Deportation 1942 ohne Wiederkehr.
Er wollte ein erfolgreicher Künstler werden, er wurde es auch, zuerst als Maler, dann als weithin bewunderter Keramiker. Er schuf für Betuchte ganze Keramik-Zimmer, liebte seine Tiere in Petzow so sehr, dass er viele von ihnen als glasierte Kleinplastiken verewigte. Zugleich war er Zeichner, Grafiker, und ein bisschen auch Autor seiner Selbst-Gedanken und Erinnerungen, die Kunsthistoriker bekanntlich ja so innig lieben.
Emil Pottner kreuzte mit dem übermächtigen Cassirer – der gerne mit „Künstler sind meine Sklaven“ zitiert wird – die Klingen, er suchte den Impressionismus zwischen dem Französischen und dem Deutschen nach Art seiner Zeit, zwischen Akademie, Natur-Idyllik und der politischen Ästhetik jener Jahre. Und fand seinen eigenen Stil, den er im Petzower Refugium mit seiner Gefährtin und allerlei Federvieh auslebte.
Von der Statur her klein und schmächtig, vom Charakter ein Idealist, uneigennützig und liebenswürdig – so wird er beschrieben. Sein Credo: die Menschheit wieder einer schöneren Zukunft entgegenzuführen. Also „niemandem zuliebe – niemandem zuleide“, wie es der Kunstkritiker Lothar Brieger 1932 formulierte.
Von all dem erzählt die wundervolle Ausstellung im Kossätenhaus. Unten hängen die mehr oder weniger großen Ölbilder oder Gouachen, Porträts, Interieurs, Genrebilder, Landschaften. Dazu, vor schneeweißer Wand, etliche dieser bunt glasierten Tierplastiken: Vögel wie Enten, Auerhahn, Papagei als Vermittler einer positiven Lebensenergie, Tiere überhaupt als positiven Gegenentwurf zum zivilisatorischen Fortschritt. Reinster Rousseau also. Das keramische Tiervolk wirkt auf den ersten Blick etwas empiremäßig, hat aber auch Schönheit und große Naturnähe. Seine Gemälde indes suchen den persönlichen Impressionismus, nur manchmal macht er den malenden Kotau vor Frankreich. Im Obergeschoss dann Beispiele seiner Grafiken, vornehmlich Holzfarbschnitte von Vögeln, Vögeln, Vögeln.
Ein vornehmer Freund des Impressionismus wird am Pottner-Katalog nicht vorbeikommen, außerdem wird es am 22. Mai und am 19. Juni Vorträge zum Thema geben. Die Ausstellung selbst geht bis zum 10. Juli. Gerold Paul
Die Ausstellung im Kossätenhaus in Ferch ist immer mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen.
Gerold Paul
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