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Potsdam-Mittelmark: „Nippen und weiterreichen!“ – eine identitätsstiftende Stab-Übergabe

Dank an René Goerke für 15 Jahre Ehrenamt als Fercher Ortschronist

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Schwielowsee · Ferch - In der Kürze liegt die Würze: „Dank und Anerkennung. OBR Ferch 2005“ stand auf dem metallenem Teller, einer Extra-Prägung für den scheidenden Ortschronisten René Goerke, der am Sonntag mit „großem Bahnhof“ aus seinem 15-jährigen Ehrenamt verabschiedet wurde. Kaffee und Kuchen standen im Alten Schulhaus bereit, Ortsbürgermeister Roland Büchner (45) hatte drei Flaschen „Rotkäppchen“ spendiert. Weil aber fast vierzig Gäste kamen, dauerte ihn das viel zu knappe Geschenk, deshalb sein Rat: „Nippen und weiterreichen!“ Der Mann, wegen solchen Humors bei den Seinen beliebt, legt größten Wert auf „OBR“, trotz aller Gebietsreform. Auf dem von ihm initiierten Ehrenteller ist René Goerke nach Art von Spitzwegs „Armen Poeten“ abgebildet, träumend unterm Regenschirm im Bette, die Füße behaglich einem Kamin hinstreckend. Hübsche Idee.

Der zu Verabschiedende selbst hatte den Raum mit historischen Requisiten drapiert, Schautafeln und Plakate vor allem, darauf man zur „Pionierexpedition Meine Heimat DDR“ aufrief, indes der Dorfklub für November 1965 zum Gesellschaftstanz mit Lucia Gallo und der Musikgruppe Kiesant „einladete“. Alte Kinderzeichnungen bilden ab, was es längst nicht mehr gibt – das alte Kurhaus, die Schule als Schule, die sozialistische GPG. Für Goerke sind das nicht allein Erinnerungen, sondern Identitäten für Gegenwärtige und die Kommenden. „Wer weiß schon noch, wie das damals war“, betonte er bei seiner Rede immer wieder – die erste Gemeindevertretung 1928, die Zeit nach 1945 bis zu den Jugendklubs, wo man Heranwachsenden noch etwas geboten habe. Oder die Zwangsvereinigung mit den Nachbargemeinden jüngst. Alles hat der ehemalige Lehrer am „Bezirkskabinett für Weiterbildung“ in 35 Ordnern „nach seinem Plan“ festgehalten: Bewahren, dokumentieren, weitergeben, hieß sein Ziel im Ehrenamt.

Was er noch intensiver getan, wenn er nicht zum Ortschronisten geschlagen und Ferch damit für immer erhalten geblieben wäre, stand auch auf den Tischen: Humorvolle Nippes vor allem keramischer Art.

Wie er über 50 Jahre im Ort gelebt und gewirkt, so ist seine Nachfolgerin, die 24-jährige Juliane Hoth, in Ferch eingeboren. Zuerst, Jugend voran, will sie das ganze Material durch Digitalisierung computerfähig machen, dergestalt soll es für jedermann abrufbar sein. „Gesammelt“ hat die in Berlin arbeitende Hotelfachfrau „aus Interesse“ sowieso schon seit eh. Für ihr wichtiges Ehrenamt bieten ihr Ortsbeirat wie auch der Heimatverein die Hand. Ferch ist ja erwacht: Nach dem erfolgreichen Start der skeptisch beäugten „Wahren Geschichten“ tragen die Einwohner jetzt von sich aus neues Material heran, Stoff bis zu einem siebenten Bande in spe, man muss nicht länger bitten.

Arbeit auch für „die Neue“, gleichwohl sie längst zum Kreis der Alt-Engagierten gehört – Kontinuität und Tradition gehören nun mal zusammen. Goerke sagte auch, es gäbe hinsichtlich der Nachbargemeinden zwar viele Ähnlichkeiten, aber die identitätsstiftenden Unterschiede seien noch „sehr unterbelichtet“. Vielleicht findet Juliane Hoth neue „Verknüpfungen“. Der Generationswechsel ist also traditionsgerecht vollzogen. Möglicherweise wird man sich auf „neue Sichten“ einstellen müssen. Freundlich, wie unsereiner es am Sonntag in Kürze erfuhr.

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