Von Thomas Lähns: Noch ein halbes Jahr in der Baracke
Neue Wache an der A 10 soll im Juni in Betrieb gehen / Autobahnpolizei von Reform kaum betroffen
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Michendorf – Es ist nicht viel mehr als ein Schuppen mit Polizeischild: Statt des üblichen Sicherheitszugangs mit Tastenfeld gibt es eine Sperrholztür mit Knauf und Klingel. Die engen Dienstzimmer nutzen 50 Beamte in vier Schichten, nur zwei Computer stehen für sie zur Verfügung. Auch die einzige Toilette im Gebäude müssen sie sich teilen – Männer und Frauen. Manche gehen deshalb gleich rüber zu McDonalds und zahlen lieber 50 Cent, statt Schlange zu stehen. Acht Jahre seit ihrer Gründung hat die Autobahnpolizei Michendorf schon im früheren Intershop-Gebäude auf der A10-Raststätte Süd erlebt. Im Juni kommenden Jahres soll das Provisorium ein Ende haben: Dann wird die neue Wache im westlichen Bereich eingeweiht.
1,25 Millionen Euro gibt das Land für den Neubau, dessen Wände bereits stehen, aus. In Zeiten der vieldiskutierten Polizeistrukturreform eine ungewöhnliche Investition: Während 1900 Stellen bis zum Jahr 2020 gekürzt werden sollen und so manche Wache verkleinert wird, blickt die märkische „Highway-Patrol“ einer relativ sicheren Zukunft entgegen. „Bei den Autobahnwachen werden wir wenig verändern“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete Susanne Melior aus Langerwisch. Immerhin werde allein auf der A10 der Verkehr in den kommenden Jahren von derzeit 100 000 Fahrzeugen am Tag auf 130 000 zunehmen. Die Autobahn zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam soll deshalb in den nächsten drei Jahren auch auf acht Spuren erweitert werden.
Während laut Prognosen der Individualverkehr um 20 Prozent zurückgehen wird, werden in 15 Jahren drei Mal so viele Lkw auf den Autobahnen unterwegs sein, so Melior weiter. Und beim Schwerlastverkehr gibt es die meisten Probleme: Die Autobahnpolizei kontrolliert regelmäßig Brummis aus dem In- und Ausland auf Einhaltung der Ruhezeiten, auf Ladungssicherheit und auf den richtigen Abstand zum Vordermann. Aber auch die Prävention wird groß geschrieben: Regelmäßig wird ein Fernfahrerstammtisch auf der Raststätte Michendorf-Süd zu verschiedenen Themen veranstaltet – meistens draußen.
Melior war kürzlich mit Kollegen aus ihrer Fraktion vor Ort, um mit den Beamten ins Gespräch zu kommen. Die Presse wurde von der Polizei ausgesperrt: Jetzt, da der Neubau in Gange ist, können die Beamten die Öffentlichkeit offenbar nicht mehr gebrauchen. Noch Anfang des Jahres sind die Zustände in der Michendorfer Autobahnwache scharf angeprangert worden: Als „innenpolitischer Treppenwitz“ wurden die Verhältnisse bezeichnet. Und auf die Frage, warum sich noch immer nichts getan habe, „wurde dem Kollegenkreis eine Vielzahl an möglichen Gründen um die Ohren gehauen, mit denen man einen Märchenbuch-Zyklus hätte füllen können“, wurde im Januar im Polizeispiegel der märkischen Polizeigewerkschaft auf das Innenministerium geschimpft.
Mit der Gründung der Autobahnpolizei im Jahr 2002 sei allerdings für keinen der fünf Abschnitte eine Unterbringung vorhanden gewesen, heißt es seitens des Brandenburgischen Landesbetriebes für Bauen und Liegenschaften, der für die Realisierung solcher Projekte verantwortlich ist. Erst nach und nach sind Wachen gebaut worden: 2006 wurde die erste auf der Raststätte Walsleben (Ostprignitz-Ruppin) eingeweiht, vor zwei Jahren dann die Wache im Berstetal (Dahme-Spreewald). Für die Michendorfer wurden die Panungen aus Walsleben übernommen: Ein Flachbau mit 200 Quadratmetern Nutzfläche und genug Platz für Umkleideräume, WC und Dienstzimmer. „Durch den Neubau werden sich die Bedingungen für die Beamten erheblich verbessern“, kündigt Mathias Radowski vom Landesbetrieb an. Mit den Plänen zur Erweiterung der gesamten Raststätte, die der Bund vor kurzem vorgelegt hat, sei der Bau abgestimmt.
Allerdings könnte auch der Neubau zu knapp werden, befürchtet Susanne Melior und beruft sich auf Aussagen der Beamten vor Ort. „Dann müsste ein Anbau oder ein weiteres Geschoss errichtet werden“, sagt sie. Eine weitere Möglichkeit sei die Nutzung der Beelitzer Wache. Dort wird es in Zukunft wohl mehr Platz geben, als der Polizei lieb sein dürfte.
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