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Potsdam-Mittelmark: Oma im Auftrag der Stadt
Beelitzer Baby-Willkommensdienst startet am 1. April / Ehemalige Schulleiterin will Halt und Hilfe geben
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Beelitz - Früher fanden junge Eltern Unterstützung in der Familie: Wer ein Kind bekam, wurde mit Ratschlägen und Fürsorge überhäuft, Mütter und Großmütter kümmerten sich gemeinsam um den Nachwuchs. „Heutzutage ziehen gerade junge Leute von zu Hause fort“, weiß Regina Breyer. Wer in der Ferne eine Familie gründet, fühlt sich mitunter alleingelassen. „Bis auf die nette Nachbarin ist niemand da.“ Und so wird Breyer, bis vor wenigen Monaten noch Leiterin der Beelitzer Oberschule, künftig bei frischgebackenen Eltern an die Tür klopfen. Ihre Mission: Den jungen Müttern und Vätern Halt und Hilfe geben. Am 1. April startet der Baby-Willkommensdienst.
Mit diesem neuen Service, den sich die Beelitzer von Potsdam abgeschaut haben, soll ein Netz der Frühförderung und Früherkennung errichtet werden, heißt es in dem Konzept der Stadtverwaltung. Konkret geht es dabei um Informationen über Betreuungs- und Freizeiteinrichtungen, wo in der Region Fachärzte und Therapeuten zu finden sind und welche finanziellen Hilfen Eltern und Kind zustehen, erläutert Dörthe Kiesel aus dem Hauptamt. Dafür wird zurzeit ein „Willkommens-Ordner“ vorbereitet, in dem alle wichtigen Adressen zu finden sind. Darüber hinaus gibt es auch gleich die Anträge für Wohn-, Eltern- und Kindergeld sowie auf Arbeitslosengeld II, Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag – und auf einen Kita-Platz in Beelitz. Neben den gebündelten Informationen gibt es auch Geschenke von Sponsoren wie den Apotheken, einer Fotografin und dem Lionsclub.
In erster Linie geht es aber um das persönliche Gespräch: Junge Eltern erhalten eine fundierte Beratung von Frau Breyer, die selbst vier Enkel hat, und Mitarbeitern der Stadtverwaltung. Die pensionierte Pädagogin kennt die sozialen Einrichtungen und kann auch in Erziehungsfragen helfen. „Geworben“ hatte sie Bürgermeister Thomas Wardin – bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand im November. Der Willkommensdienst richtet sich an alle jungen Eltern in der Spargelstadt. Circa 80 Geburten gibt es hier pro Jahr. Regina Breyer rechnet damit, dass gerade bei Zugezogenen der Bedarf nach Beratung groß ist. Schon durch die Bundeswehr kämen immer wieder junge Familien an die Nieplitz. Andere ziehen hierher, um im Grünen zu wohnen.
Eigentlich sollte der Willkommensdienst bereits im vergangenen Jahr starten. Der Sozialverein „Job e.V.“, Träger des Eltern-Kind-Zentrums, sollte den Service übernehmen. Allerdings darf die Verwaltung keine Daten wie den Geburtstermin an Dritte weitergeben. In der Landeshauptstadt war diese Praxis von einem externen Gutachter bemängelt worden: Dort waren die Daten junger Familien und werdender Mütter automatisch vom Einwohnermelde- an das Jugendamt weitergeleitet worden, das in Potsdam für den Babybegrüßungsdienst zuständig ist (PNN berichteten). Nun werden die Eltern um ihr Einverständnis gebeten, bevor Informationen von einer Behörde zur anderen gehen. Die Beelitzer haben das Problem gelöst, in dem der Dienst nun unmittelbar in den Händen der Stadtverwaltung liegt. Auch hier werden die Eltern aber erst angeschrieben, bevor es Hausbesuche gibt. Dörthe Kiesel unterstreicht, dass es dabei nicht um Kontrolle gehen soll. Aber natürlich werde man bei Problemfällen auch hinschauen und notfalls reagieren.
Ein weiterer Vorteil für die Stadt: Die Eltern geben eine Rückmeldung über Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten im Sozialbereich. Darauf könne man reagieren und Beelitz noch familienfreundlicher machen, so die Idee. In Potsdam stößt der Begrüßungsdienst auf positive Resonanz: 94 Prozent der Eltern nehmen das freiwillige Angebot an. Darauf hofft man nun auch in Beelitz. Thomas Lähns
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