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Potsdam-Mittelmark: „Parkplatz und Umkleidekabine“
CDU in Werder lud zur Diskussion über Polizeireform ein: düstere Zukunft für Standort Werder
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Werder (Havel) - 60 Polizisten arbeiten derzeit in der Polizeiwache Werder, 20 sollen es im Zuge der Polizeireform bleiben. Die Zukunft des Standortes sieht düster aus. Und glaubt man dem Verlauf einer Diskussionsveranstaltung am Dienstagabend, so gehen in Werder beim Thema Sicherheit bald ganz die Lichter aus. Der CDU-Ortsverband hatte unter dem Motto „Wie geht es mit der Sicherheit in unserer Stadt weiter?“ das rot-rote Reformprojekt in die Mangel genommen, etwa 30 Gäste waren dabei.
Bis 2020 soll die Polizei in Brandenburg von 8900 auf 7000 Stellen gekürzt werden. Aus 50 24-Stunden-Wachen werden 16 Inspektionen und 29 nur tags besetzte Reviere. Auch Werder wird zum „Revier“ mit „bedarfsgerechten Öffnungszeiten“ degradiert. Tageswachen oder Reviere sind laut Reformpapier künftig Orte, wo der Dienst beginnt und endet, „Parkplatz und Umkleidekabine“, kommentierte ein Gast. Der Wachenleiter wird durch einen „Koordinator“ ersetzt, der das Hausrecht ausübt, in der Hierarchie aber wenig zu sagen hat, wie CDU-Innenexperte Sven Petke warnte.
„Die Polizei zieht sich de facto aus Werder zurück“, so Petke. Werder werde, wie die Region Teltow, von der Potsdamer Inspektion aus geleitet. Und deren Einsatzschwerpunkt werde in Potsdam liegen. „Da müssen sie was auf dem Zettel haben, damit die noch nach Werder kommen“, so Petke. Am 1. Januar würden die Spitzen nach Potsdam abwandern, dann Schritt für Schritt der Rest. Schließlich werde man das Gebäude infrage stellen.
Das fürchtet auch Werders Kripochef Lothar Reinhardt, der auch in der Polizeigewerkschaft GdP aktiv ist. Neben zehn verbleibenden Revierpolizisten sollen an sich auch zehn von vierzehn Kripobeamten in Werder bleiben. Doch Mitte 2012 laufe der Mietvertrag für den Kripostandort Unter den Linden aus, dann würden die Ermittler in die Polizeiwache in der Potsdamer Straße und bald auch nach Potsdam umziehen, fürchtet Reinhardt. Er erinnerte daran, dass auch die CDU einen nochmaligen Abbau von 1000 Stellen bei der Polizei geplant hatte, die Linke die Polizei vor der Landtagswahl sogar aufstocken wollte.
Dass die Kriminalität in den vergangenen Jahren gesunken ist und nicht mehr so viele Polizisten benötigt würden, sei Augenwischerei, so Reinhardt. „Wir haben mehr als genug zu tun.“ Allerdings sei vor einigen Jahren ein neues Bearbeitungsprogramm für Straffälle eingeführt worden. Wurden bei einer Schlägerei früher zum Beispiel drei Straftaten aufgenommen – Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung – so würden Beleidigung und Sachbeschädigung jetzt nur noch als Unterpunkte notiert und in der Statistik wegfallen. In schwachen Zeiten habe jeder Kollege in Werder 50 Anzeigen auf dem Tisch, sagte Reinhardt.
Mehrere CDU-Stadtverordnete meldeten sich in der Diskussion zu Wort: Katja Großmann, die in Beelitz eine Bankfiliale leitet, sprach von Erfahrungen mit ihren von Banküberfällen traumatisierten Kollegen. „Die Überfälle finden statt, wo es keine Polizeiwache gibt.“ Stadtwehrführer Lothar Boreck glaubt, dass die ehrenamtliche Feuerwehr künftig schneller vor Ort sein wird als die Polizei. Die polizeiliche Unterstützung werde fehlen. Hermann Bobka berichtete von den Erfolgen, die er als Chef einer Jagdgenossenschaft mit der Polizeiwache bei der Reduzierung von Wildunfällen erzielen konnte. „Den Draht wird es nicht mehr geben.“
„Keiner streitet ab, dass das Land sparen muss“, erklärte Werders Bürgermeister Werner Große (CDU). Er regte an, statt bei der Polizei besser bei Doppelstrukturen von Landesämtern und den Kreisbehörden abzubauen. „Das würde kein Mensch merken.“ Ernsthafte Hoffnungen, dass die erfolgreiche Volksinitiative mit über 97 000 Unterschriften noch ein Überleben der 24-Stunden-Wache in Werder bewirken kann, gab es bei der Veranstaltung derweil nicht. Stattdessen will man darum kämpfen, die „Präsenzzeiten“ der Tageswache so weit wie möglich auszudehnen. Werder und Schwielowsee würden neben ihren 33 000 Einwohnern auch viele Gäste zählen, argumentierte Bürgermeister Große. Voriges Jahr gab es rund 240 000 Übernachtungen. Das Ziel müsse lauten, wenigsten in der Saison eine Nachtpräsenz zu gewährleisten.
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