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Potsdam-Mittelmark: Partnertausch statt fester Bund

Im Kreistag Potsdam-Mittelmark wird es spannend / Großes Fragezeichen hinter Verwaltungsneubau in Belzig

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Im Kreistag Potsdam-Mittelmark wird es spannend / Großes Fragezeichen hinter Verwaltungsneubau in Belzig Potsdam-Mittelmark. Nach der Kommunalwahl am Sonntag wird es spannend im neuen Kreistag Potsdam-Mittelmark. Schon jetzt scheint klar, dass SPD-Landrat Lothar Koch keine stabile Parlamentsmehrheit mehr hinter sich bringen kann. Selbst wenn SPD und PDS ihre bisher praktizierte Zusammenarbeit fortsetzen, würden beide gemeinsam inklusive der Stimme des Landrates nur 24 von insgesamt 57 Stimmen zusammen bekommen (SPD: 13; PDS: 10). Und ein dritter Partner steht für einen festen Bund offenbar nicht zur Verfügung. Definitiv kam gestern bereits eine Absage von der Listenvereinigung Bauernverband/Freie Bürger/BürgerBündnis (BV/FB/BB), die über sechs Mandate verfügt. „Wir haben uns entschieden, kein Bündnis einzugehen, und uns bei den Abstimmungen ausschließlich an den Sachfragen zu orientieren“, sagte Baldur Martin nach einer Zusammenkunft der Listenvertreter gestern den PNN. Martin von den Freien Bürgern Werder wird künftig als Stellvertreter des BV/FB/BB-Fraktionsvorsitzenden Wolfgard Preuß agieren. Ohne in „Fundamentalopposition“ zu Landrat Lothar Koch zu gehen, wolle man dessen Agieren sehr kritisch begleiten, kündigte Martin an. Auch der Kreisvorsitzende der Bündnisgrünen, Martin Köhler, hält ein festes Zusammengehen mit SPD und PDS für „sehr unwahrscheinlich“. Vielmehr wolle man die bisherige Oppositionspolitik im Kreistag fortsetzen. „Wir haben bei sehr vielen Themen Differenzen mit der SPD“, erklärte Köhler und führte als Beispiel den energischen Kampf der Bündnisgrünen gegen den Verwaltungsneubau in Belzig an. So werden sich auch die Bündnisgrünen wahrscheinlich nicht festlegen und ausschließlich an Sachfragen orientieren. Zu den vier grünen Kreistagsabgeordneten wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Herbert Franke als Vertreter der Bürgerinitiativen BIK/BIT stoßen – eine Zusammenarbeit die bereits in der abgelaufenen Legislaturperiode praktiziert wurde. So könnte auch diese Fraktion mit insgesamt fünf Stimmen das Zünglein an der Waage werden, wenn es um die Schaffung von Mehrheiten geht. Fünf Kreistagsmandate hat auch die FDP errungen, doch die Liberalen wollen ebenfalls kein festes Bündnis eingehen, wie Hans-Peter Goetz gestern auf Anfrage den PNN sagte. Der Teltower Rechtsanwalt und einstige Bürgermeisterkandidat zieht als prominenter Neuling in den Kreistag ein. „Wenn der Landrat die Kreisumlage herabsetzen will, hat er natürlich unsere Stimme“, betonte Goetz, dass sich auch die Liberalen ihr Abstimmungsverhalten je nach Sachfrage offen halten wollen. Was bleibt, wäre eine Große Koalition, die allerdings zur Zeit kaum vorstellbar ist. „Solange bei der SPD keine personellen und inhaltlichen Veränderung zu erkennen sind, kommt das für uns nicht in Betracht“, sagte CDU-Kreischefin Saskia Funck gestern nach einer Zusammenkunft ihres Parteivorstandes. Die Christdemokraten sind nunmehr mit 16 Mandaten die stärkste Kraft im Kreistag Potsdam-Mittelmark. Doch selbst mit Bauernverband und FDP gemeinsam würde man rein rechnerisch nur 27 Mandate und damit nicht die notwendige Kreistagsmehrheit erreichen. So wird die CDU wahrscheinlich als schlagkräftige Opposition ihren Platz im neuen Kreistag finden. Erfreut kann Funck dabei „zahlreiche kompetente Neuzugänge in ihren Reihen begrüßen“. Unter anderem werden die beiden Rechtsanwälte Felix Enneking und Florian Lewens künftig die CDU-Fraktion verstärken. Was bleibt rein rechnerisch unter dem Strich, wenn es um Entscheidungen im Kreistag geht? Angenommen Landrat, SPD und PDS (24 Simmen) sind sich einig, dann brauchen sie in jedem Fall einen dritten Partner, um die Kreistagsmehrheit von 29 Stimmen zu erreichen. Dafür stünden dann je nach Sachlage BV/FB/BB (6 Stimmen), Bündnisgrüne/BIK/BIT (5 Stimmen), die FDP (5 Stimmen) oder von Fall zu Fall sicher auch die CDU (16 Stimmen) zur Verfügung. Auf der Tagesordnung wären dann ständiger Partnertausch statt fester Bund, umfangreiche Konsulationen mit allen Seiten zu jeder Beschlussvorlage. Die Einzelstimme der DVU bleibt in dieser Rechnung bedeutungslos. „Dieses Modell lässt viel Spielraum für politische Gestaltung, und alle Fraktionen haben die reale Chance, sich einzubringen“, sieht Grünen-Chef Martin Köhler in den komplizierten Kreistagsmehrheiten durchaus einen sehr positiven Effekt. Fest steht: Viele Aspekte der Kreispolitik werden unter diesen neuen Vorzeichen noch einmal auf den Prüfstand müssen. Ob SPD und PDS zum Beispiel noch einen Partner für den vorgesehenen Kreistagsneubau in Belzig finden, ist mehr als fraglich. „Der Landrat sollte für die Planungen ab sofort keinen Euro mehr ausgeben“, riet gestern bereits FDP-Mann Götz.

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