Von Thomas Lähns: Pfusch auf dem Reißbrett
Landgericht verurteilt Planungsbüro nach Jahren zu Schadenersatz für Michendorfer Feuerwehrdepot
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Michendorf - Die Dienstbedingungen sind kaum noch zu ertragen: Innen wie außen fällt der Putz von den Wänden des Michendorfer Feuerwehrdepots. Die Rigipsdecken hat man schon längst herausgenommen, weil der Regen sie aufgeweicht hat – und der Umkleideraum für die Jugendfeuerwehr ist überhaupt nicht mehr zu gebrauchen. „Die Bekleidung mussten wir herausnehmen, weil sie sonst verschimmelt wäre“, sagt Ortswehrführer Martin Griebel. Acht Jahre ist das Gebäude alt – und schon so lange streitet die Gemeinde mit dem verantwortlichen Ingenieurbüro über die Baumängel.
Das Landgericht Potsdam hat jetzt bestätigt, dass die Planer gepfuscht haben, und das Büro Anfang Dezember zu Schadenersatz in Höhe von 29 700 Euro plus Zinsen verurteilt. Insgesamt stehen der Gemeinde knapp 38 000 Euro zu. Der lang ersehnte Rechtsspruch sorgt in Michendorf aber nicht gerade für Erleichterung, denn geklagt hatte die Gemeinde auf 58 000 Euro. Darüber hinaus soll sich Michendorf zu 48 Prozent an den Prozesskosten beteiligen. „Wir bekommen Recht und müssen trotzdem zahlen – das versteht kein Mensch“, so die Reaktion von Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) gestern. 2007 war die Gemeinde vor den Kadi gezogen und hatte seitdem regelmäßig Geld im Haushalt bereitgehalten, um so schnell wie möglich eine Firma mit der Behebung der Baumängel beauftragen zu können.
Vor dem Verfahrensausgang konnte jedoch nicht viel unternommen werden, schließlich mussten die Beweise bestehen bleiben. Lediglich das Dach hat man abdichten lassen, um das Feuerwehrhaus vor dem Schlimmsten zu bewahren. „Bei Regen kam das Wasser wie aus einer Gießkanne durch die Decke“, erinnert sich Martin Griebel. Auch in seinem Büro hatte es enorme Wasserschäden gegeben, denen unter anderem sein Computer zum Opfer gefallen war. Die Mängel waren unmittelbar nach der Übergabe des Hauses an die Kameraden zum 90-jährigen Feuerwehrjubiläum 2002 aufgetreten. Schon damals hieß es, dass wichtige Verbindungselemente wie Maueranker einfach vergessen worden seien. Die ausführende Baufirma und das Planungsbüro hatten sich die Schuld gegenseitig zugewiesen, ein Gutachter hat aber letztendlich den Pfusch auf dem Reißbrett verortet. Die Gemeinde hatte 650 000 Euro in den Bau investiert – in der Hoffnung, für die nächsten Jahrzehnte Ruhe zu haben.
Im September dieses Jahres hatte das Landgericht der Gemeinde und dem Ingenieurbüro einen Vergleich angeboten: 40 000 Euro sollten demnach gezahlt werden. Die Planer lehnten jedoch ab – und haben damit die Summe sogar noch einmal drücken können. „Wir prüfen jetzt, ob wir Rechtsmittel einlegen oder die Kröte schlucken“, so Bürgermeisterin Jung. Die Gemeinde könnte vor dem Oberlandesgericht in Berufung gehen, doch je länger prozessiert wird, umso größer werden die Schäden am Gebäude. Darüber hinaus will die Freiwillige Feuerwehr Michendorf 2012 ihr hundertjähriges Bestehen feiern. „Und allerspätestens dann sollte alles wieder in Ordnung sein“, so Martin Griebel.
Dass sich die Michendorfer an den Prozesskosten beteiligen müssen, hänge mit dem Streitwert zusammen, erläuterte Frank Tiemann, Richter und Pressesprecher am Landgericht Potsdam. Denn wenn man die anfängliche Forderung und den letztendlich veranschlagten Schadensersatz miteinander vergleicht, hätten die Michendorfer nur ungefähr zur Hälfte Recht bekommen. Hätten die Michendorfer weniger Schadenersatz gefordert, wäre auch der Anteil an den Gerichtskosten niedriger ausgefallen. Dass die 38 000 Euro ausreichen, um das Feuerwehrdepot gründlich zu reparieren, glaubt in der Gemeinde jedoch kaum jemand. Zurzeit werde ein Konzept erstellt, „und dann müssen wir sehen, wie viel die Gemeinde dazupacken muss“, kündigte Jung an.
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