zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Plagegeist aus dem Tierreich

Waschbären (Procyon lotor) bevölkern das Land Brandenburg. Ursprünglich stammen die Tiere aus Nordamerika

Stand:

Waschbären (Procyon lotor) bevölkern das Land Brandenburg. Ursprünglich stammen die Tiere aus Nordamerika Von Kathrin Klinkusch Meist kommt er nachts, um sich seine Beute zu holen. Er plündert Vogelnester, Hühnerställe, Mülltonnen und Obstbäume - der Waschbär entwickelt sich in Teilen Brandenburgs zu einem Problem auf vier Pfoten. „Man kann um Strausberg und Buckow fast von einer Waschbärenplage sprechen“, sagt der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Bernd Möller. „Auf seinen Raubzügen klettert er in Schornsteine, verschmutzt mit seinem Kot Dachböden, kippt Müllkübel um und macht sich über die Obsternte her.“ Der etwa fuchsgroße Vierbeiner mit der schwarzen „Augenmaske“ und dem buschigen Schwanz stammt ursprünglich aus Nordamerika. Eingeführt wurde der Waschbär (Procyon lotor) als Zuchttier für die Modepelzindustrie. Sein Name bezieht sich auf sein Fressverhalten: der Bär tastet seine Nahrung vor dem Verzehr ab, als ob er sie wäscht. Die ersten beiden Waschbärenpaare wurden in Deutschland 1934 im Forstamt Vöhl am Edersee in Hessen angesiedelt. Ziel war es, bei der sportlichen Jagd einmal mehr Tierarten zur Auswahl zu haben. In Brandenburg leben laut Jagdstatistik die meisten Waschbären in Ostdeutschland. Dafür sind zwei Ereignisse verantwortlich: 1945 schlug eine Fliegerbombe in eine Pelztierfarm in Wolfshagen bei Strausberg ein, 25 Waschbären flohen und fanden in der Mark eine neue Heimat. In den 70er Jahren entkamen noch einmal zehn Waschbären aus dem Tierpark Neuruppin. Zwar werden nur die bei der Jagd getöteten Tiere gezählt, ihre Anzahl ist jedoch in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 1972 wurde ein Waschbär gefangen, Mitte der 90er Jahre waren es mehr als 200 und im vergangenen Jahr wurden 3137 Tiere erlegt - allein die Hälfte im Kreis Märkisch-Oderland. „Der Waschbär frisst Eier und Küken von Enten, Rebhühnern und Fasanen und hat keine natürlichen Feinde“, sagt der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Strausberg, Günter Sachert. Um die Population der fruchtbaren Bären einzudämmen, plädiert er für eine Erlegungsprämie wie zu DDR-Zeiten. Das Entgelt von „zehn bis 20“ Euro sollten Naturschutz- oder Tierschutzverbände ausloben. „Das ist eine völlig unrealistische Forderung“, meint dazu Axel Kruschat vom BUND- Landesverband Brandenburg. Dafür sei kein Geld vorhanden. Für den Präsidenten des Landesumweltamtes, Matthias Freude, ist eine Fangprämie „ein interessanter Gedanke“, aber Mittel stünden nicht bereit. Ihm zufolge ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Tier ganz Brandenburg besiedelt: „Beim Waschbär haben wir Zauberlehrling gespielt und werden ihn nun nicht wieder los.“ Der Bär sei extrem anpassungsfähig, könne gut klettern, schwimmen und fresse alles - „von Obst bis Katzenfutter“. Dennoch ist laut Freude der Fuchs für Bodenbrüter immer noch die größte Gefahr. Das interessiert im Naturpark Märkische Schweiz wenig. Dort tummeln sich mit 15 bis 20 Tieren pro Quadratkilometer die meisten Waschbären im Land. Naturparkleiter Meinhard Ott will das Europäische Vogelschutzgebiet rechtzeitig vor einer drohenden Überbevölkerung durch Waschbären bewahren. „Wir beobachten bereits einen Rückgang bei den Entenbeständen.“ Daher soll jetzt eine Arbeitsgruppe eine Lösung für das Bärenproblem finden.

Kathrin Klinkusch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })