
© Ariane Lemme
Potsdam-Mittelmark: Platz war immer ein Problem
Die Stahnsdorfer Heinrich-Zille-Schule feiert heute ihr 50-jähriges Bestehen
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Stahnsdorf - Noch bevor die Stahnsdorfer Schule II überhaupt den Namen Heinrich Zilles trug, stand öfter mal die Polizei vor der Tür: Die Grenze nach Westberlin war in den Jahren zwischen 1952 und 1961 noch offen. Einige Schüler hätten sich deshalb oft gleich nach dem Unterricht auf nach „drüben“ gemacht, um sich mit Süßigkeiten einzudecken, erinnert sich die ehemalige Chemielehrerin Hella Müller. Auch einige Lehrer seien in dieser Zeit in den Westen gegangen, sie aber kamen nicht zurück.
Heute feiert die Grundschule ihr 50-jähriges Bestehen. Dabei blickt Konrektor Jürgen Stoof, selbst schon seit 37 Jahren an der Schule, auch in die Zukunft. Denn die Schule hat ein Platzproblem, sie ist zu klein für die 520 Kinder. Seit 1993 wird ein Teil der Schüler in einem Container auf dem Schulhof unterrichtet. Doch seit Anfang des Jahres wird gebaut, das Schulhaus wurde bereits aufgestockt. Damit ist zwar das dringendste Problem gelöst, die Doppelnutzung der Schulräume durch den Hort bleibt aber vorerst bestehen. Erst 2012 soll mit einem Hortneubau begonnen werden. „Zu guter Letzt soll auch noch der Schulhof neu gestaltet werden“, so Stoof.
Das Platzproblem ist indes so alt wie die Schule selbst: In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wusste Stahnsdorf kaum, wo es seine rund 750 Schüler unterbringen sollte, die Lindenhofschule bot allein nicht genug Platz. Schon 1952 wurde ein Provisorium am Potsdamer Damm eingerichtet und nach einem Neubaustandort gesucht. Den fand man schließlich in der Friedrich-Naumann-Straße. Die Polytechnische Oberschule „Heinrich Zille“ wurde dort am 1. September 1961 eröffnet, 419 Schüler und 38 Lehrer bezogen den Bau.
Das Konzept der Oberschule war damals neu, die Lehrer hätten vieles erst herausfinden müssen, erinnert sich Annegret Krause, die hier damals Mathematik und Physik unterrichtete. Im Fach ESP, der „Einführung in die sozialistische Produktion“, konnten die Jugendlichen ab der 7. Klasse in Großbetriebe hineinschnuppern. „Es zeigte sich aber auch schnell, dass man die Schüler nicht täglich bis 16 Uhr unterrichten kann, wir mussten ein breites Freizeitangebot entwickeln“, schreibt Krause in der Festschrift zum 50. Schuljubiläum. Schnell seien gut 20 verschiedene Arbeitsgemeinschaften entstanden.
Kunst spielt dabei bis heute eine große Rolle, der Namenspate der Schule ist immer präsent: Bilder des berühmten Zeichners und Karikaturisten hängen in den Fluren, die Schüler der 6. Klasse fertigen jedes Jahr eine Zille-Mappe an, um sich mit dem Werk des Berliner „Miljöh“-Malers auseinanderzusetzen. Schließlich sind auch die sterblichen Überreste des Künstlers nicht weit entfernt. Heinrich Zille wurde 1929 auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof beerdigt. Der 1858 bei Dresden geborene Grafiker kritisierte zeitlebens die schlechten Verhältnisse und setzte sich für die „kleinen Leute“ ein.
„Mensch, wie haste dir verändert“, würde Zille wohl sagen, besuchte er die Schule heute. „Mit der Wende hat ein grundlegender Wandel stattgefunden“, erklärt Jürgen Stoof. Am deutlichsten belegen das die Fotos in der Festschrift: Dort grüßen Jungpioniere beim Schulappell, stehen die Schüler in Reih und Glied beim Schwimmwettkampf im Armeeschwimmbad oder heben feierlich die Hand zum Schwur bei der Jugendweihe im VEB Mikroelektronik.
1990 brachen für die Schule neue Zeiten an, standen auch unangenehme Entscheidungen an. Mit der Einführung eines gegliederten Schulsystems nach nordrhein-westfälischem Vorbild war schnell klar, dass aus der Ober- eine Grundschule werden muss. Viele Lehrer mussten damals gehen. An die Stelle von alten traten neue Traditionen wie die „Hallo-Party“, mit der die Erstklässler nun jeden Herbst begrüßt werden.
Festveranstaltung für Ehemalige am heutigen Samstag ab 11 Uhr
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