Potsdam-Mittelmark: Polizeiauto und Halle abgefackelt Alkoholkranker muss in Entziehungsanstalt
Michendorf – Der zum Polizeifahrzeug umgerüstete Fiat Ducato brannte vollständig aus. Die Flammen griffen auf die Hallenwände der Michendorfer Autoservice-Firma über, in der er abgestellt war, und zerstörten das Gebäude.
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Michendorf – Der zum Polizeifahrzeug umgerüstete Fiat Ducato brannte vollständig aus. Die Flammen griffen auf die Hallenwände der Michendorfer Autoservice-Firma über, in der er abgestellt war, und zerstörten das Gebäude. Ursache war Brandstiftung. Als Feuerwehr und Polizei in der Nacht des 26. August vorigen Jahres am Ort des Geschehens eintrafen, fanden sie den verwirrt wirkenden Juri J.* (52) vor. Der Russlanddeutsche gab zu, ein Handtuch unter die Reifen des Wagens gelegt und es angezündet zu haben. Er war froh, dass er festgenommen wurde. Vier Monate saß der arbeitslose Kraftfahrer im Gefängnis wurde dort von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachtet. Kurz nach Weihnachten wandelte das Landgericht den Haftbefehl in einen Unterbringungsbefehl um. Juri J., der laut Gutachten zum Tatzeitpunkt an einer durch jahrelangen Alkoholmissbrauch ausgelösten Halluzinose litt, durfte nach Hause, weil er seine Bereitschaft zu einer ambulanten Entzugstherapie erklärte. Doch der Witwer und Vater einer neunjährigen Tochter sowie zweier erwachsener Söhne kümmerte sich nicht um einen Termin, glaubte, die Sucht allein in den Griff zu bekommen.
Das Schöffengericht unter Vorsitz von Birgit von Bülow ordnete nun am Dienstag die Unterbringung von Juri J. in einer Entziehungsanstalt an. Ohne professionelle Hilfe – so ihre Begründung – könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Mann künftig weitere schwere Straftaten begehen werde. Das Gericht folgte damit dem Antrag von Staatsanwalt Peter Petersen. Er betonte, es gehe nicht darum, den Mann, der im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte, zu bestrafen. Vielmehr solle ihm durch diese Maßnahme eine Hilfestellung für einen straffreien Verlauf seines weiteren Lebens geboten werden.
Juri J. erzählte zu Prozessbeginn, er sei an besagtem Tag mit seinem Sohn auf der Rückfahrt von einem Besuch in Russland gewesen. Im Auto sei es zum Streit gekommen. Sein Sohn am Steuer habe „sehr laut sehr dummes Zeug geredet“, aber seine Lippen dabei nicht bewegt. Am Autobahndreieck Michendorf habe ihn der Sohn „ausgesetzt“. Er sei von der Polizei aufgegriffen, befragt und zum Bahnhof gefahren worden. Dort habe er sich von einer Gruppe junger Leute bedroht gefühlt. Er sei sich sicher gewesen, dass sie ihn verprügeln wollten. In seiner Panik sei er in die Fahrzeughalle geflüchtet, habe das Feuer gelegt, „damit jemand kommen möge“.
Während der Befragung durch die Polizei habe Juri J. Rauch aus einem Drucker steigen sehen, zudem russische Laute vernommen und geglaubt, sich noch in seiner Heimat zu befinden, berichtete der Sachverständige während der Verhandlung. „Bei einer Alkohol-Halluzinose fühlen sich die Betroffenen in der Regel verfolgt. Meist hören sie Stimmen.“ Eine derartige Störung sei nichts Dauerhaftes. Sie könne allerdings erneut auftreten, wenn Juri J. wieder Hochprozentigen im Übermaß trinkt. „Eine Therapie muss ihm klarmachen, dass der Alkohol das Problem ist. Irgendwann ist die Funktion des Gehirns, ständigen Konsum zu kompensieren, erschöpft“, so der Fachmann. (*Name geändert.) Hoga
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