Potsdam-Mittelmark: Polizeieinsatz als Zeichen der Hilflosigkeit
Kreis- und Bundespolitiker üben massive Kritik an Wiederaufnahme der Abholzungen / Bitte um Gespräch mit Minister Szymanski
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Kreis- und Bundespolitiker üben massive Kritik an Wiederaufnahme der Abholzungen / Bitte um Gespräch mit Minister Szymanski Von Peter Könnicke Michendorf. Nach Beginn der Rodungen für die Ortsumgehung Michendorf haben sich die Kreistagsabgeordneten Annerose Hamisch-Fischer, Annemarie Kersten (beide PDS), Elke Seidel (SPD) und Axel Mueller (Grüne) mit einer eindringlichen Bitte um ein persönliches Gespräch an Verkehrsminister Frank Szymanski gewandt. Seit mehr als zehn Jahren sei der Bau einer Umgehungsstraße der Bundesstraße 2 für Michendorf heftig umstritten, heißt es in den Schreiben. Gleichwohl sei sie in dem Entwurf des Bundesverkehrswegeplans als vordringlicher Bedarf eingestuft. Trotz mehr als 2000 Einwendungen zur Linienbestimmung im Planfeststellungsverfahren von betroffenen Bürgern, vor allem der Orte Langerwisch und Wilhelmshorst, wurde der Planfeststellungsbeschluss erlassen. „Dabei ist die Zahl der von der Umgehung ,B2 neu“ betroffenen Bürger viel größer als die Zahl derer, die in Michendorf entlastet werden“, bemerken die vier Kreispolitiker. Zur Zeit laufen Klagen von Bürgern, die enteignet werden sollen, anliegenden Gewerbetreibenden, den beiden genannten Gemeinden und des BUND gegen diesen Beschluss. „Kurioserweise würde, wenn die Gemeindegebietsreform realisiert ist, diese Autostraße keine Umgehungsstraße mehr sein, sondern die neue Großgemeinde brutal zerschneiden“, illustrieren die Abgeordneten. Nach der Fertigstellung des Autobahnausbaus A 9/ A 115 sei der Durchgangsverkehr durch Michendorf fast ausschließlich Individualverkehr. „Aus unserer Sicht gibt es lohnenswerte Alternativen, diesen Verkehr zu reduzieren.“ Beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens scheine es offensichtlich keine verwaltungstechnische oder juristische Möglichkeit mehr zu geben, dieses Straßenbauprojekt zu verhindern. Die „ungeprüfte“ Übernahme des Projektes in den neuen Bundesverkehrswegeplan werde damit begründet, dass das Verfahren schon sehr weit fortgeschritten sei. „Das ist für uns kein überzeugendes Argument“, betonen die Kreispolitiker. Sie bitten daher Verkehrsminister Szymanski, sich möglichst vor Ort mit den Ungereimtheiten in den Verfahrensabläufen bekannt zu machen und eine politisch verantwortbare Entscheidung zu treffen, „damit nicht unnütz Geld verschleudert und Natur zerstört wird“. „Wir sind entsetzt über die Methode, mit Hilfe der Polizei gegen engagierte Bürger fragwürdige Straßenbauvorhaben durchzusetzen und bitten Sie noch einmal eindringlich, zu handeln. Es ist 5 Minuten nach 12“, heißt es abschließend. Für die grüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm zeigt der „massive Polizeieinsatz für die Abholzung die Hilflosigkeit des Verkehrsministeriums gegenüber den Interessen von Bürgern, Kommunen und Natur“. Anstatt den Dialog mit Betroffenen zu suchen und die endgültigen Gerichtsentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Hauptsacheverfahren abzuwarten, „vertraut das Ministerium offensichtlich nur noch auf Polizeigewalt“. Der Vorsitzende des Landesverbandes Bündnis 90/Die Grünen, Professor Joachim Gessinger, kritisiert in diesem Zusammenhang die Unverhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes: „Wer mehrere Mannschaftswagen gegen fünf Anwohner in Marsch setzt, demonstriert nicht nur fehlendes politisches Augenmaß, sondern auch, dass es bei der Personalausstattung im Bereich des Innenministeriums noch erhebliche Einsparmöglichkeiten gibt." Auch für Behm bleibt der Bau der Ortsumgehung unverständlich. Während etwa die Hälfte der Bundesmittel für Verkehrsprojekte im Jahr 2004 aufgrund der dramatischen Haushaltssituation gesperrt sei, beabsichtige das Landesverkehrsministerium den Bau eines ersten Bauabschnittes. „Mit der Ausschreibung eines nur 900 Meter langen Abschnittes möchte man offensichtlich Tatsachen schaffen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung beeinflussen sollen.“ Behm hat ebenso an Minister Szymanski in einem Brief mit der Bitte um ein Gespräch zu dieser äußerst konfliktreichen Planung gewendet. Cornelia Behm und Joachim Gessinger: „Defizite und Unwägbarkeiten von weit über einer Milliarde Euro im Verkehrshaushalt 2004 - insbesondere durch die fehlenden Maut-Einnahmen - sollten auch als Chance verstanden werden, um den Bedarf wie auch die Trassenwahl in Michendorf erneut zu prüfen. Deshalb fordern wir Minister Szymanski erneut zu einer Denkpause und einem Gespräch auf. Für vernünftige Entscheidungen darf es nie zu spät sein."
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