Potsdam-Mittelmark: Polizeireform und Blütenfest
Bei einer SPD-Veranstaltung in Werder wurde deutlich, wie eng die Themen zusammenhängen
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Werder (Havel) - Die Ausschreitungen beim Blütenfest im Jahr 2009 sind der Polizei in unguter Erinnerung geblieben. Dutzende Randalierer hatten sich über einen Polizeizug hergemacht, eine Katastrophe konnte nur knapp verhindert werden. Die Polizeipräsenz wurde seitdem verstärkt, wie bei einer Veranstaltung zum Thema „Polizeireform und innere Sicherheit in Werder“ mit Innenminister Dietmar Woidke (SPD) erstmals bestätigt wurde.
Statt vier sind sechs Züge, also zwei Hundertschaften, der Bereitschaftspolizei an den Schwerpunkttagen des Festes unterwegs, eine Hundertschaft nur auf der Insel. Insgesamt kommt die Landespolizei damit auf über 300 Einsatzkräfte. „Seitdem ist es deutlich besser geworden“, so Hundertschaftsführer Detlef Alms, der das Fest aus der Polizeiperspektive gut kennt. „Manche sind über die Polizeipräsenz richtig erschrocken.“
Die Landtagsabgeordnete Susanne Melior (SPD) hatte zu der Runde mit dem Minister eingeladen, im Kirchengemeindehaus wurde mit rund 50 Gästen über die Polizeireform und deren Auswirkungen auf Werder und das Blütenfest diskutiert. Die Themen haben miteinander zu tun: Hundertschaftsführer Alms warnte, an den vier Hundertschaften der Bereitschaftspolizei zu sparen, wie es Ex-Innenminister Rainer Speer einmal vorhatte. „Wir sind an der Untergrenze.“
Drei Hundertschaften sind derzeit hauptsächlich damit beschäftigt, die wachsende Kriminalität an der polnischen Grenze einzudämmen. Dass es bei Großlagen wie Volksfesten, Demonstrationen, Fußballspielen oder Massenkarambolagen eng wird, wurde an den Zahlen für das Blütenfest deutlich. Für Werder müssen Kräfte von der Grenze zeitweise wieder abgezogen werden.
Andreas Backhoff, Stabschef der Polizeidirektion West, erklärte, dass man auch in den vergangenen beiden Jahren dazugelernt hat: Motorrad-Rocker der Hells Angels hatten das Fest besucht. „Wir haben den Herren erklärt, dass wir sie hier nicht wollen, weil sie für ein Netzwerk aus Kriminalität und Gewalt stehen.“ Die ungebetenen Gäste hätten eine schriftliche Verfügung des Veranstalters verlangt. „Das ging mit dem Rathaus relativ schnell, in diesem Jahr haben wir das aber vorher gemacht.“ Auch das Unglück bei der Duisburger Loveparade hatte Konsequenzen: Ein neues Sicherheitskonzept wurde gestrickt, besonders rund um das Nadelöhr Inselbrücke, die mit einer Pontonbrücke für Extremlagen einen „Bypass“ bekam.
„Wir sind mit der Einsatzzentrale und dem Digitalfunk technisch auf dem neuesten Stand, so Bürgermeister Werner Große (CDU). Minister Woidke gratulierte zum „Imagewechsel“ des Festes, das nun kein Massenbesäufnis mehr sei.
Die Polizeireform ist für Werders Alltag derweil nicht folgenlos geblieben, statt 35 sind 17 Beamte im Wach- und Wechseldienst vor Ort. Woidke hat angesichts wachsender Diebstahls- und Einbruchszahlen an der polnischen Grenze und im Berliner Umland immerhin gerade Zugeständnisse gemacht, bis 2020 soll nun etwas weniger Personal abgebaut werden. Das Kriminalitätsgeschehen müsse beobachtet und wenn nötig nachgesteuert werden.
Trotzdem ist Woidke überzeugt: „Mit den neuen Strukturen ist die Polizei besser aufgestellt.“ Besonders in der Führungsschiene werde Personal gespart, die Zahl der Streifenwagen sei auch in Werder gleich geblieben. „Und die entscheidet über das Tempo, in dem die Polizei vor Ort ist.“ Der Strukturumbau sei mit dem Jahreswechsel abgeschlossen worden: Aus zwei Polizeipräsidien wurde eins, aus 15 Schutzbereichen 4 Direktionen mit 16 Inspektionen. Das Polizeirevier Werder hat, so interpretiert es Stabschef Backhoff, von der Reform sogar profitiert. Der neue Bezugspunkt sei nun nicht mehr der Schutzbereich Brandenburg (Havel), sondern die Polizeiinspektion Potsdam. „Damit ist Werder enger an die vorgesetzte Dienststelle gerückt.“ Ein Veranstaltungsgast sprach von einer „Nebelbombe“. Denn mancher fürchtet, dass Werder jetzt Potsdam verstärkt – und nicht umgekehrt.
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