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Günter Fuchs. Chef der Brandenburger Lehrergewerkschaft.

© Nestor Bachmann

Potsdam-Mittelmark: Potsdamer Pädagogen wollen Druck machen „Das Limit ist überschritten“: Rund die Hälfte aller Lehrer werden bei der Protestaktion auf der heutigen Personalversammlung in Brandenburg erwartet

Von Schwänzen kann keine Rede sein: Am heutigen Donnerstag werden rund die Hälfte aller Pädagogen der staatlichen Schulen in Potsdam nach Brandenburg fahren, um gegen die derzeitige Bildungspolitik zu demonstrieren. Das ergab eine Umfrage der PNN unter den öffentlichen Schulen.

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Von Schwänzen kann keine Rede sein: Am heutigen Donnerstag werden rund die Hälfte aller Pädagogen der staatlichen Schulen in Potsdam nach Brandenburg fahren, um gegen die derzeitige Bildungspolitik zu demonstrieren. Das ergab eine Umfrage der PNN unter den öffentlichen Schulen. Anlass ist die Personalversammlung des Schulamtes Brandenburg – eine Veranstaltung, an der bisher regelmäßig nur einige wenige Lehrer teilgenommen haben. Rund 11 000 der 16 800 Brandenburger Lehrer erwartet die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf den Personalversammlungen, die in allen sechs Schulamtsbereichen am Donnerstag gleichzeitig stattfinden.

„Wir haben uns darauf eingestellt“, sagt Uwe Schmidt, Schulleiter des Leibnitz-Gymnasiums. Denn der Termin sei schon lange bekannt. „Von uns fahren 35 von 50 Kollegen. Ich unterstütze das voll und ganz.“ Die Betreuung der Fünft- und Sechstklässler nach dem frühen Schulschluss mit Ende der dritten Stunde sei trotzdem gewährleistet und „völlig unproblematisch“. Mindestens die Hälfte aller Lehrer seiner Schule würden nach Brandenburg fahren, sagt Heinz Grützmacher, stellvertretender Leiter der Goethe-Schule. Wer wolle, könne sich auch spontan noch entscheiden. Die Gerhart-Hauptmann-Grundschule rechnet damit, dass alle Lehrer nach Brandenburg fahren.

„Ich hoffe, es gehen alle“, sagt auch Frank Brandt, Schulleiter der Friedrich-Wilhelm-von-Steuben-Gesamtschule. Eine genaue Zahl könne er nicht nennen. „Ich habe das nicht abgefragt, das wäre Kontrolle.“ Es sei schließlich das Recht eines jeden, an einer Personalversammlung teilzunehmen. „Aber die Stimmung ist so, dass alle hinwollen. Ich fahre auch hin.“

Jammerveranstaltungen würden es allerdings nicht werden, sagt GEW-Landeschef Günther Fuchs. Eher müsse überlegt werden, was als Nächstes getan werden könnte, um den Druck auf das Bildungsministerium zu erhöhen.

Auf der Versammlung soll die im September vereinbarte „Potsdamer Erklärung“ von den Teilnehmern beschlossen werden. Darin fordern die Beamten unter anderem weniger Unterrichtsverpflichtung und weniger Bürokratie. Außerdem sollen mehr Vertretungslehrer zur Verfügung stehen, um den dauerhaft hohen Krankheitsstand auszugleichen, und deutlich mehr junge Lehrer eingestellt werden.

„Die Unterrichtsverpflichtung ist viel zu hoch“, sagt Fuchs. „Die Lehrer fühlen sich ausgebrannt und haben große Zweifel, ob sie die nötige Qualität noch liefern können.“ Viele Tätigkeiten seien auf die Schule übertragen worden, ohne den Mehraufwand personell auszugleichen, so Fuchs.

Schulleiter Brandt erlebt den erhöhten Aufwand an Verwaltungsarbeit tagtäglich: „Wir müssen Statistiken jeder Art abgeben, das ist wahnsinnig. Die eigentliche Arbeit am Kind rückt in den Hintergrund.“ Auch die Mitte der 90er Jahre eingeführte Pflichtstundenerhöhung von 25 auf 26 Unterrichtsstunden pro Woche für Gesamtschullehrer sei nicht zurückgenommen worden, kritisiert Brandt. Ursprünglich war die Regelung nur für drei Jahre geplant. „Auch das Weihnachtsgeld fällt nach wie vor flach.“

GEW-Landeschef Fuchs richtet deswegen an das Bildungsministerium „die dringende Ermahnung, endlich seriöse Verhandlungen zu führen.“ Wenn dies nicht passiere, „dann werden wir im März zu den Tarifverhandlungen massiv die Schulen zumachen.“ Außer zu Personalversammlungen ist es verbeamteten Lehrern nur im Laufe tariflicher Auseinandersetzungen möglich, ihrer Dienstpflicht nicht nachzukommen und ihre Arbeit niederzulegen.

Lediglich am Humboldt- und am Helmholtz-Gymnasium werden sich deutlich weniger Lehrer sich nach Brandenburg aufmachen. Zehn bis 15 der insgesamt 50 Lehrer würden zur Personalversammlung fahren, so kalkuliert Dieter Rauchfuß, Schulleiter des Helmholtz-Gymnasiums. Der Termin treffe mit den lang geplanten Klausuren für die Zwölftklässler zusammen.

Ebenso am Humboldt-Gymnasium: Die Phase des Vorabiturs beginne in der kommenden Woche, sagt Lehrerratsvorsitzende Regina Skalla. „Wir fühlen uns auch den Schülern verpflichtet.“ Nichtsdestotrotz unterstützt Skalla die Aktion: „Unsere Lehrer sind alle sehr engagiert, aber das Limit ist überschritten. Für viele gibt es kaum noch Privatleben, da sich alles nur noch um Schule dreht - auch durch die ständigen Veränderungen in Rahmenplänen und Verordnungen durch das Ministerium.“ Sie findet es deswegen ärgerlich, wenn der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt wird, die Lehrer würden am Donnerstag schwänzen. Von den Eltern hingegen habe es keine Beschwerden über den Stundenausfall gegeben. „Die unterstützen uns eher.“

Grit Weirauch

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