Potsdam-Mittelmark: Preußen-Büsten aus Caputh
Die Produkte der Werkstatt von Thomas Seyfarth werden auch von den Hohenzollern geschätzt
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Schwielowsee · Caputh Wer der Werkstatt von Thomas Seyfarth einen Besuch abstattet, klappt ein Geschichtsbuch auf. Dicht nebeneinander sind dort berühmte Köpfe vergangener Jahrhunderte versammelt: Ein verstaubter Karl Marx steht friedlich neben preußischen Adligen, ein paar Meter weiter gucken Theodor Fontane und Albert Einstein vom Regal. Der gelernte Stuckateur Seyfarth fertigt in Caputh Büsten an.
Zu seinen Auftraggebern gehören nicht nur Museen im In- und Ausland, sondern auch die Burg Hohenzollern. Erst vor kurzem sei von dort eine Bestellung in Caputh eingegangen. Gewünscht worden seien unter anderen Büsten von Friedrich II und Reliefs mit dem Orden des Schwarzen Adlers, sagt Seyfarth. Nicht unerwähnt lässt er, dass sich Prinz Georg Friedrich von Preußen bereits persönlich in seiner Werkstatt umgeschaut habe. Seyfarths Büsten würden vor allem für Besucher der Burg verkauft, die ein Erinnerungsstück mitnehmen wollten.
Der schmale Caputher Werkstattraum, Teil einer ehemaligen Fabrikanlage, ist voll von hellen Büsten. Sie ruhen auf mehreren Regaletagen an den Wänden, darunter stehen auf langen Tischen große und kleine Köpfe sowie Statuen. Abgussformen liegen auf dem Boden. Ganz am Ende der Werkstatt, direkt vor einem großen Plakat, das einen Stammbaum der Mitglieder des Hauses Hohenzollern zeigt, befindet sich Seyfarths Arbeitsplatz. Neben der Bestellung der Hohenzollern arbeitet er dort gerade an einem Frauenkopf, der einmal einen Garten schmücken soll.
Für die Preußen habe er sich schon als Kind interessiert, als er in Potsdam in der Nähe von Schloss Sanssouci gewohnt habe. „Das war immer meine Spielwiese“, sagt der 59-Jährige. „Die Figuren dort fand ich immer interessant.“ Mitte der 60er Jahre hatte er wieder als Lehrling in Sanssouci zu tun, und während seiner 20-jährigen Tätigkeit als Stuckateur hat er zum Beispiel im Neuen Palais gearbeitet, wie Seyfarth erzählt. Die Büsten von Marx und Lenin musste er zu DDR-Zeiten für Politiker-Schreibtische herstellen. In seiner Freizeit formte er damals schon kleine Büsten für Freunde nach ganz anderen Vorlagen: „Teilweise war es in der DDR verboten, Kaiser herzustellen“, erinnert er sich.
Als sich der Stuckateur zwei Jahre vor der Wende selbstständig machen wollte, habe das erst funktioniert, nachdem er den Bedarf nach kleinen Büsten habe nachweisen können. Seyfarth machte glaubhaft, dass schließlich jeder Sanssouci-Besucher seinen eigenen Alten Fritz in Miniaturformat mit nach Hause nehmen wollte. „Dann kam die Wende und mit ihr die Museen aus den alten Bundesländern“, erzählt Seyfarth. Seitdem stehen seine Büsten an den beiden Standorten des nordrhein-westfälischen Preußenmuseums in Wesel und Minden.
Auch in den Niederlanden befinden sich Abgüsse aus Caputh. Die Kautschukformen für die Abgüsse nimmt Seyfarth direkt vom Original. Seine Büsten bestehen aus einem Gemisch von Marmormehl und Porzellanpulver. Um seine Kunst zu perfektionieren, berührt Seyfarth Figuren in Museen – sofern es ihm gestattet wird. „Es macht einfach Spaß, sie anzufassen“, sagt er.
Je nach Aufwand und Größe einer Büste benötigt Seyfarth zwei bis drei Monate für einen Abguss, der bis zu 3000 Euro kosten kann. Die Hohenzollern hätten sich das erste Mal vor drei Jahren telefonisch bei ihm gemeldet. Seitdem flatterten regelmäßig Aufträge ins Haus. „Die Produkte haben eine tolle Qualität“, würdigt die Leiterin des Ladens in der Burg Hohenzollern, Marlene Schweiger, Seyfarths Arbeit. Die Kunden seien begeistert. Warum es ihm ausgerechnet die preußischen Köpfe angetan haben, weiß der geborene Thüringer genau: „Das ist unsere Geschichte.“
Leticia Witte
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