zum Hauptinhalt
Damals noch beim WSV: Oliver-Tom vor vier Jahren beim Krafttraining.

© Steinert

Potsdam-Mittelmark: Profi-Surfbrett unterschlagen

Vater einer Olympiahoffnung scheiterte gestern beim Landgericht mit Revision

Stand:

Potsdam / Werder (Havel) - Ein ehrgeiziger Vater, ein im Windsurfen begabter Sohn und die Kosten, die eine Olympia-Qualifikation mit sich bringt – die Sache hat kein gutes Ende genommen. Der Vater heißt Ernst Schliemann, ein Urgroßneffe des Troja-Entdeckers Heinrich Schliemann, und stand gestern wegen Unterschlagung eines Profi-Surfbretts im Wert von knapp 7500 Euro vor dem Potsdamer Landgericht. Das Strafmaß fällt mit 900 Euro gering aus, der 61-Jährige hat keine Vorstrafen und nach eigenen Angaben läuft seine Yachtschule in Eckernförde dieses Jahr „ganz schlecht“.

Wie er mit dem Windsurfverein Werder (WSV) und Brandenburgs Sportministerium umgesprungen ist, um an Geld zur Karriereförderung seines Sohnes und Juniorenweltmeisters Oliver-Tom Schliemann zu kommen, wollte ihm schon letztes Jahr das Amtsgericht nicht durchgehen lassen. Gestern fiel der Angeklagte beim Landgericht mit einer Revision auf die Nase. Der WSV hatte ihn vor drei Jahren verklagt. Erwiesen ist: Schliemann hat das wertvolle RS.X-Surfbrett des Vereins nicht zurückgegeben, nachdem sein Sohn die Mitgliedschaft gekündigt hatte.

Es geht um einen Vorgang aus den Jahren 2006/2007, der sich in der gestrigen Verhandlung so darstellte: Der Vater machte sich Hoffnung auf eine Qualifikation seines damals 15-jährigen Sohnes zur Olympiade in Peking und suchte händeringend nach Geldgebern für Ausrüstung und Reisekosten für Regatten und Qualifikationskämpfe. Nach drängenden Mails ans Sportministerium– im Januar 2007 stand eine erste Regatta in Zypern bevor – zeigte man sich dort im Dezember 2006 bereit, ein 7500 Euro teures, komplettes olympisches Surfbrett mit 5000 Euro zu bezuschussen. Grundlage war das Angebot eines Händlers. Den Rest sollte der Windsurfverein tragen, dessen Mitglied Oliver-Tom seinerzeit war. Dem Verein sollte das Brett dann auch gehören, wie aus den vom Richter Axel Gerlach zitierten Förderakten klar hervorgeht. Sportförderungen können nur an Kommunen und gemeinnützige Träger fließen, wie der Richter in der Verhandlung hervorhob.

Den Erwerb des Surfbretts übertrug der Windsurfverein Ernst Schliemann, er bekam die 5000 Euro, mit denen er das Profi-Brett kaufte. War es, wie Schliemann sagt, der Wettkampfstress? Oder böser Wille? Im Verein und im Ministerium wartete man jedenfalls vergeblich auf den Verwendungsnachweis. Nach mehreren Mahnungen wurde zum Oktober 2007 eine letzte Frist gesetzt. Wie eilends Belege vom Verein und Schliemann zusammengesammelt wurden, dazu gibt es mehrere Versionen. Im Ministerium landete ein Sammelsurium von Rechnungen über 6500 Euro für zahllose Zubehörteile, die nicht im Förderantrag standen, und für ein an Oliver Tom adressiertes „Board RS.X“, für das – laut Schliemann versehentlich – die Seriennummer eines minderwertigeren Starboard-Surfbretts angegeben wurde. Dieser und andere Belege waren von der Firma Schliemanns ausgestellt worden, der „OTS Trendsport“.

Richter Gerlach fragte sich gestern mit Seitenblick zum Staatsanwalt, ob nicht auch wegen Subventionsbetrugs ermittelt werden müsste. Das war der Punkt, an dem der Rechtsanwalt Schliemanns eine Sitzungsunterbrechung beantragte, nach der er das Urteil des Amtsgerichts, nicht aber das Strafmaß anerkannte. Die Zeugen vom Ministerium und vom Verein wurden nicht mehr gehört. Sie hätten wohl noch einiges beizutragen gehabt: Da das Ministerium eine Investition von 7500 und nicht 6500 Euro gefördert hatte, wollte es 600 Euro vom Verein zurück. Der zahlte, im Streit verließ Oliver-Tom im Juni 2008 den Windsurfverein. Aus Peking wurde auch nichts.

Als Vereinschef Steffen Königer das Profi-Surfbrett danach zurückverlangte, landete nach dessen Darstellung „ein Schrotthaufen“ auf dem Vereinsgelände, jedenfalls nicht das neue RS.X. Er schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Ernst Schliemanns Sicht: Die 5000 Euro waren eine allgemeine Subvention für die Olympiabewerbung seines Sohnes. Das Surfbrett hat er bis heute nicht herausgegeben.

Trotzdem hoffte er gestern, dass sich mit der Anerkennung des Urteils das Verhältnis zwischen WSV und seinem Sohn verbessert. Die Strafe von 4800 Euro wurde vom Landgericht abgemildert, weil sich die Verhältnisse Ernst Schliemanns verschlechtert haben und die Sache nicht im Führungszeugnis auftauchen soll. Um das Surfbrett zu bekommen, müsste der WSV zivilrechtlich vorgehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })