zum Hauptinhalt

DasWAR“S: Prognose aus 100 Prozent Baumwolle

DasWAR“S Wofür Peter Könnicke das Recht der Urheberschaft hat Es gibt ja diesen Werbespot, in dem ein kleines Schweizer Männchen immer wieder richtigstellen muss, wer die Ricola-Bonbons erfunden hat. Daran musste ich denken, als ich in dieser Woche gelesen haben, wer alles um die Wortfindung der „Jamaika-Koalition“ streitet.

Stand:

DasWAR“S Wofür Peter Könnicke das Recht der Urheberschaft hat Es gibt ja diesen Werbespot, in dem ein kleines Schweizer Männchen immer wieder richtigstellen muss, wer die Ricola-Bonbons erfunden hat. Daran musste ich denken, als ich in dieser Woche gelesen haben, wer alles um die Wortfindung der „Jamaika-Koalition“ streitet. Ein ARD-Kommentator will es gewesen sein, indes meint das ZDF, einer ihrer Polit-Experten habe das Wort geprägt. Schließlich meldet ein Bürgermeister aus Dormagen das Urheberrecht an, weil er schon vor einem Jahr als erster von einer „Jamaika-Koalition“ gesprochen habe. Alles falsch. Ich kann in ganzer Bescheidenheit sagen: Ich bin es gewesen. Seit anderthalb Jahren trage ich die Möglichkeit einer schwarz-gelb-grünen Regierungskoalition zur Schau. Seinen Ursprung findet meine ganz bescheidene Weitsicht im Potsdamer Strauss-Geschäft in der Brandenburger Straße. Dort verkauften sie im vergangenen Frühsommer Fußball-Europameisterschaft-Begleittextilien – Jacken in den verschiedensten Nationalfarben: Portugal, England, Griechenland, Deutschland. Ich nahm Jamaika – sehr wohl wissend, dass das mit Europa nichts zu tun hat. Zu diesem Zeitpunkt zumindest. Denn wie schnell sich das ändern kann, erleben wir ja gerade. Jedenfalls war ich zufrieden mit der Joppe. Sie trägt sich angenehm weich, hält warm, und seit meine Frau einen neuen Weichspüler verwendet, riecht sie außerordentlich gut. Ich trug sie auf Gartenpartys, im Büro und bei Terminen. Auch bei Gemeinderatssitzungen in Kleinmachnow oder Stahnsdorf erschien ich mit diesem textilen Fingerzeig, dieser Prognose aus 100 Prozent Baumwolle. Ich fühlte mich in meiner Trainingsjacke wie ein Schläfer – unentdeckt und harmlos, aber verkannt. Vergangenen Sonntag, kurz nach 18 Uhr, wurde ich enttarnt. Ich war auf dem Sprung nach Kleinmachnow ins Rathaus zur Wahlnacht, als im Fernsehen die ersten Hochrechnungen kamen und für mögliche Konstellationen die Parteifarben aneinandergereiht worden. Und plötzlich fiel das Wort „Jamaika-Koalition“. Meine Garderobe passte, mein Auftritt folgte. In Kleinmmachnow sah mich ein SPD-Politiker äußerst skeptisch an: „Jamaika he?“ Der Stahnsdorfer Bürgermeister packte mich – ich möchte meinen freundlich – an den Schultern: „Jamaika, naja!“ Und später in einer Kneipe, als ich die Jacke um die Hüfte gebunden hatte, weil es so warm war, rief mir jemand zu, ich soll das Ganze mal nicht so tief hängen. Ich fühle mich ein bisschen wie das Ricola-Männchen. Außerdem kaufe ich mir jetzt ein buntes Hawaii-Hemd.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })