Potsdam-Mittelmark: Programmiertes Konfliktpotenzial
Das einstige Elisabeth-Sanatorium soll ein Hotel werden. Doch die Idee stößt nicht nur auf Gegenliebe.
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Das einstige Elisabeth-Sanatorium soll ein Hotel werden. Doch die Idee stößt nicht nur auf Gegenliebe. Von Peter Könnicke Stahnsdorf - „Unscheinbar“ würde man bei der Ortsbeschreibung sagen. Hinter dem Güterfelder Eck, wo man ohnehin nur Augen für den Verkehr hat, liegt versteckt in der Parforceheide das ehemalige Elisabeth-Sanatorium. Ein ehrwürdiger Bau mit einem großzügigen Park. Eine wirtschaftliche Einheit von 44600 Quadratmetern Größe. Das jüdische Ärztepaar Freimuth baute die Klinik als Lungenheilstätte vor dem ersten Weltkrieg, unter dem Druck der Nationalsozialisten emigrierten sie in den 30er Jahren in die USA. In DDR diente das Sanatorium als Hautklinik. Nach dem Fall der Mauer bekamen die jüdischen Erben das Areal zurück. Seitdem wartet es auf eine neue Bestimmung. Noch vor drei Jahren war es kein Problem, dem Eigentümer zu erlauben, eine neue Nutzung für das einstige Sanatorium zu finden. Die Zeit verstrich ohne nennenswerten Erfolg. Zwar ließ der Bad Oldesloer Rechtsanwalt Wolf-Dietrich Kirchner, der die Interessen der in den USA lebenden Eigentümerin Ursula Freimuth vertritt, umfangreiche Sicherungsmaßnahmen vornehmen. Einen potenziellen Nutzer für das Anwesen fand er nicht. Im August lief der Vorbescheid für eine Nutzungsänderung aus. Vorsorglich hat Kirchner nun einen Verlängerung beantragt und als beabsichtigte Nutzung ein Hotel angegeben. Doch inzwischen wird der Sanatoriumsstandort mit taktischem Kalkül betrachtet. Zwar ist die alte Klinik in diesem Jahr von den mittelmärkischen Denkmalhütern geadelt worden, indem sie unter Schutz gestellt und somit ihr Erhaltungswert unterstrichen wurde. Aber man tut sich schwer, eine Nutzung als Hotel festzuschreiben. Denn geht es nach den Plänen der Landestraßenbauer, wird das Ensemble bald an einer vierspurigen Straße liegen: Beim geplanten Ausbau der L40 mit der Neuordnung des Güterfelder Ecks wird die Straße in nur 18 Meter Entfernung auf der gesamten Grundstückslänge an dem alten Sanatorium vorbeiführen. Egal was aus dem Anwesen wird – die vierspurige Magistrale und das Denkmal werden ein enormes Konfliktpotenzial ergeben. Dieses dürfte sich erhöhen, wenn man die alte Klinik zum Hotel erklärt. Aus einer legitimierten Hotelnutzung würde sich für den Eigentümer oder späteren Investor eine sichere Rechtsposition mit Ansprüchen für Lärmschutz ergeben, die in der bisherigen Planung und im Budget für das Straßenbauprojekt keinerlei Rolle spielten. Im Stahnsdorfer Bauamt schüttelt man daher den Kopf: Eine solche Abwägung des Konfliktpotenzials kann mit einem einfachen Vorbescheid unmöglich bewältigt werden. Daher empfiehlt Bürgermeister Gerhard Enser dem Gemeindevertretern, Kirchners Antrag abzulehnen. Kommende Woche soll das Ortsparlament darüber befinden, wobei dessen Votum lediglich den Wert einer Willenserklärung hat. Denn letztlich wird im mittelmärkischen Landratsamt über Kirchners Antrag entschieden. Dort, so heißt es, „ist der Vorgang noch in der Bearbeitung“. Auch wenn ihr Votum nicht entscheiden ist, wollen die Stahnsdorfer Volksvertreter Stellung beziehen. Im Bauausschuss sprach man sich – entgegen dem Vorschlag des Bürgermeisters – für eine Nutzung des brachliegenden Areals als Hotel aus. Auch im Ortsbeirat Güterfelde ist man der Meinung, dass die Absichten des Eigentümers unterstützt werden sollten. „Wir haben schon in der Dorfmitte eine Brache“, so Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold, „warum sollten wir die Entwicklung am Ortsrand blockieren?“ Mit der Lage des Klinik-Grundstücks habe der Eigentümer bereits genug Probleme, „wir sollten keine weiteren Hürden aufbauen“, befindet Huckshold. Tatsächlich erweist sich die Lage als Standort für ein Hotel als zunehmende Herausforderung. Im Landesbetrieb für Straßenwesen haben die Planungen für das neu zu gestaltende Güterfelder Eck einen Reifegrad erreicht, so dass ihre Umsetzung als wahrscheinlich gilt. Doch die Idee, dass die L40 ausgebaut werden soll, existierte auch schon vor drei Jahren. Daher fragt Kirchner, warum es damals möglich war, für die leerstehende Klinik eine Nutzungsänderung zu erlauben und heute nicht. „An den Verhältnissen hat sich nichts geändert“, so der Anwalt. Frühzeitig habe er den Landesbehörden ausgiebige Stellungnahmen zu dem Straßenbauprojekt geschickt und deutlich gemacht, dass Schallschutzmaßnahmen in jedem Fall nötig seien, auch wenn das Areal bislang ungenutzt ist. Neu an der gegenwärtigen Situation sei lediglich, dass es inzwischen einen potenziellen Interessenten gibt, „der hier ein Hotelsituation verwirklichen will“. Kirchner leuchtet nicht ein, warum nach Jahren des Stillstands nun eine ernsthafte Entwicklung blockiert und ein historisches Ensemble ruiniert werden sollte. Falls nötig, so der Jurist, bestreite er den Klageweg, um die gewünschte Nutzungsänderung durchzusetzen.
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