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Potsdam-Mittelmark: Qualifiziert, gutgelaunt und niemals krank Wie sich die Wirtschaft in Schwielowsee

sozial engagiert – und was sie dafür erwartet

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Schwielowsee - Seine rund 30 Mitarbeiter sind das Wertvollste, was Wolfgang Blank besitzt – und der Caputher Dachdeckermeister pflegt sie entsprechend: Präsente zum Geburtstag, Unterstützung bei Hochzeiten, Weihnachfeiern, Sommerfeste und Skatturniere mit dem Chef. Gelegentlich werden Tankgutscheine verteilt. „Ich habe Leute, die sind seit Jahren nicht krank“, sagt Blank. Er würde sie gern als Dankeschön mit der Familie eine Woche an die Ostsee schicken, rätselt aber noch, wie er das als Betriebsausgabe beim Finanzamt geltend machen kann.

Familienpolitisches Engagement als Standortvorteil? Der Dachdeckermeister hat die Frage, die beim 4. Unternehmergespräch in Schwielowsee gestellt wurde, für sich beantwortet. Etwa 40 Gäste nahmen am Dienstagabend an der Podiumsdiskussion im Gildehaus teil, zu der die Gemeinde Schwielowsee und die Potsdamer Wirtschafstjunioren eingeladen hatten.

Qualifizierte, gutgelaunte Mitarbeiter, die produktiv und niemals krank sind, wünschen sich die mittelständischen Unternehmer der Region. Daniel Schiffmann, der in Caputh die Firma „Rohrrettung & Umweltschutz Schiffmann GmbH“ betreibt, weiß derweil aus eigener Erfahrung, wie schwer es werden kann, Arbeits- und Familienleben unter einen Hut zu bringen. Auch er bemüht sich, seine Fachkräfte durch Entgegenkommen bei der Stange zu halten, aber: „Das Unternehmen muss auch rentabel bleiben.“

Immerhin: Kleine und mittlere Unternehmen werden bei familienfreundlichen Projekten finanziell vom Land unterstützt – wenn sie sich einem Zertifizierungsverfahren nach dem audit „beruf und familie“ stellen. Der Haken für Mark Tiedemann von der NDB Elektrotechnik GmbH in Werder (Havel): Die Zertifizierung kostet 10 000 Euro. „Es wäre schön, wenn sich ein bezahlbarereres Symbol findet.“

Über Firmenfeiern hinaus sieht Tiedemann seine Funktion als Chef von 40 Mitarbeitern auch darin, Kontakte zur Familienberatung oder Suchtprävention herzustellen, über Grippeschutzimpfung und Schuldnerberatung zu informieren. Jährlich gibt es Mitarbeitergespräche, in denen es um Perspektiven aber auch private Sorgen geht.

Der aus Stade stammende Unternehmer lobt die aus der DDR übernommenen Kita-Standards im Land Brandenburg. Die soziale Verantwortung der Firmen beginne indes, wenn sie Beschäftigung sichern und dafür sorgen, dass Ausschreibungen gewonnen und Aktenberge bewältigt werden. Darin stimmte Tiedemann mit vielen Teilnehmern der Runde überein, und hier erhofft sich die Wirtschaft auch mehr Verständnis bei der Politik. Auf der Wunschliste steht auch, dass dem „Braindrain“ entgegengewirkt wird und Fachkräfte-Nachwuchs heranwächst – ausbildungswillige Jugendliche, die wissen, was sie wollen und deren Berufswunsch nicht gerade „Superstar“ lautet.

Schulen und Unternehmen in der Gemeinde enger zusammenrücken zu lassen, einen Austausch zu beginnen – das war wohl wichtigstes Ergebnis des 4. Unternehmergesprächs. Schülerfirmen sollen an den beiden Grundschulen gegründet werden, damit Kinder und Jugendliche früh mit den Möglichkeiten und Risiken des Arbeitslebens vertraut werden. Und noch ein Versprechen von Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU): Die Verwaltungsspitze von Schwielowsee will darauf achten, dass es mit der Bürokratie nicht noch schlimmer wird.

Was die Auftragsvergabe an regionale Firmen angeht, konnte CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Funck im Podium zumindest mit kleinen Erfolgen aufwarten: Die Wertgrenzen für die freihändige Vergabe von öffentlichen Aufträgen konnten dank der Initiative des Landtags-Sonderausschusses für Bürokratieabbau von 5000 auf 20 000 Euro erhöht werden, für beschränkte Ausschreibungen von 50 000 auf 200 000 Euro. Funck ermunterte die anwesenden Kommunalvertreter, alle Spielräume auszuschöpfen, um Unternehmen aus den Gemeinden und aus dem Land Brandenburg zu stärken – bis dahin, dass märkische und nicht indische Pflastersteine bei der Straßensanierung verbaut werden. Ein denkwürdiger Satz: „Es hat nichts mit Geschmäckle sondern mit sozialer Verantwortung zu tun, wenn die Kommunen im Verhältnis zu ihren ortsansässigen Unternehmen Lokalpatriotismus demonstrieren.“ Bürgermeisterin Hoppe zeigt sich um diesen „Spagat“ bemüht, wisse anderersreits aber auch, welche rechtlichen Hürden dabei mitunter zu nehmen sind.

Für Dachdeckermeister Blank blieben am Ende noch ein paar Wünsche offen: bei Ausschreibungen nicht den billigsten Bewerber zum Zuge kommen lassen, sondern den, der am nächsten am Durchschnitt der Angebote liegt – Dumpingangebote wären so aus dem Rennen. Die Mehrwertsteuer halbieren, um der Schwarzarbeit entgegenzuwirken, denn „drei schwarze Dächer sind ein Arbeitsplatz“. Und dafür sorgen, dass Prämienzahlungen an seine Leute nicht durch Steuer- und Sozialabgaben halbiert werden. Da wird er wohl noch etwas warten.

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