Potsdam-Mittelmark: Rathaus nicht gefragt ?
Handybetreiber wollten bei neuen Sendeanlagen kooperieren, in Caputh hat man das offenbar vergessen
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Schwielowsee - Ängste vor Mobilfunk-Sendeanlagen und Elektrosmog gibt es seit Jahren – ob sie berechtigt sind ist Gegenstand vieler Diskussionen. Im Dezember 2001 haben die Mobilfunknetzbetreiber der Bundesregierung immerhin versprochen, die Gemeinden über neue Sendeanlagen zu unterrichten und Standorte abzustimmen, besonders in der Nähe von Kindergärten und Schulen. „Aber mit den Selbstverpflichtungen der Wirtschaft ist es so eine Sache“, sagt Jürgen Scheidereiter, Fraktionschef des Bürgerbündnis“ Schwielowsee. In einem aktuellen Fall in Caputh ist das Unternehmen Vodafone offenbar darüber hinweggegangen, meint nicht nur er.
Im Gewerbehof im Schmerberger Weg wird seit einigen Tagen eine neue Sendeanlage montiert – ohne dass Bürgermeisterin oder Anwohner darüber Bescheid wussten. Im Hauptausschuss am Mittwochabend kam die Sache durch das Ehepaar Krause auf den Tisch. Der seit der Wende außer Betrieb genommene Schornstein eines Heizhauses, direkt an ihrer Grundstücksgrenze und mitten im Ort, wurde hergerichtet.
Seit einigen Tagen ist er eingerüstet, die Sendeanlage ist fast fertig montiert. Heinz und Bärbel Krause bemühen sich per Einstweiliger Verfügung beim Verwaltungsgericht, die anstehende Inbetriebnahme zu verhindern. Ein ganzes Dutzend Familien wehre sich dagegen und werde wohl auch die Klage unterstützen, sagt Bärbel Krause. Nicht zuletzt befinden sich Schulsportplatz, Schulgarten und Schule in nächster Nähe. Doch die Chancen, die Inbetriebnahme zu verhindern, sind wohl gering. Denn im Zweifel zählen keine Selbstverpflichtungen, sondern das Gesetz.
Das Rathaus hat auf Beschwerden reagiert und sich beim Landratsamt erkundigt: Ein Bauantrag wurde von der Belziger Bauaufsicht bewilligt. Mit der neuen Sendeanlage werden alle Grenzwerte und Sicherheitsabstände eingehalten, womit „nach dem derzeitigen Stand des Wissens“ (so die Sprachregelung des Bundesamtes für Strahlenschutz) gesundheitsschädliche Wirkungen ausgeschlossen werden können. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) erinnert sich an die Diskussion mit Vodafone, einen Sendemast auf dem Caputher Schloss oder auf der Einstein-Schule anzubringen. Der Kirchturm ist bereits mit mehreren Sendeanlagen gefüllt. „Wir hatten als Alternative das Caputher Gewerbegebiet in der Michendorfer Chaussee vorgeschlagen, vom Gewerbehof am Schmerberger Weg war nach meinen Kenntnissen nicht die Rede.“
Eigentümer des Gewerbehofs ist die Dachdeckerei Blank, die hier ein halbes Dutzend weiterer Mieter hat. Für Dachdeckermeister Wolfgang Blank sind Sendeanlagen ein vertrautes Bild in der Potsdamer Dächerlandschaft. „Ich hätte auch keinen Vertrag mit Vodafone ohne Zustimmung der Gemeinde abgeschlossen“, versichert Blank mit Verweis auf ein Schreiben aus dem Bauamt, dass er gestern allerdings nicht zur Hand hatte. Die Vodafone-Zentrale verzichtete gestern auf eine den PNN zugesagte Stellungnahme.
Eines wurde von den Kritikern erreicht: Das Landesumweltamt will vor und nach der Inbetriebnahme der Sendeanlage Messungen durchführen – und damit absichern, dass die Grenzwerte wirklich eingehalten werden. Für Caputh dürfte derweil noch ein anderes Thema relevant sein: Demnächst sollen die mitten durch den Ort verlaufenden Hochspannungsleitungen erneuert werden. Die „Brandenburger Abstandsleitlinie“ sieht zur Minimierung des Elektrosmogs einen Streifen von 30 Metern neben solchen 110-Kilovolt-Trassen vor, in dem eine Wohnbebauungen möglichst nicht stattfinden soll Henry Klix
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