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KulTOUR: Rauben? Warum nicht!

„Die unernste Geschichte Brandenburgs“ – Buchvorstellung im Kleinmachnower Augustinum

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Kleinmachnow - „Miteinander reden und lachen sich gegenseitig Gefälligkeiten erweisen zusammen ein schönes Buch lesen ...“ steht so programmatisch wie interpunktionsfrei auf einer großen, steinernen Tafel im Foyer des Kleinmachnower Augustinums – Teil der „Bekenntnisse“ seines kirchenväterlichen Namensgebers. In diesem großen Haus wird auch die Kultur großgeschrieben. Zweimal wöchentlich organisiert man öffentliche Veranstaltungen wie Konzerte, Vorträge, auch Lesungen – unlängst war die Krimiautorin Ingrid Noll zu Gast, um für ihr neues Werk „Kuckuckskind“ zu werben. Auch außerhalb des Bühnensaales findet man Kultur, die Konstruktion des Gebäudes bietet reichliche Ausstellungsfläche für die bildende Kunst. Man nimmt den Spruch von „Hausvater“ Augustinus also sehr ernst.

Nun las man wieder zusammen ein Buch. Diesmal saßen mit Gerta Stecher und Hans-Otto Dill zwei gestandene Satiriker auf der Bühne. Ihr Buch „Die unernste Geschichte Brandenburgs“ gab der gut besuchten Veranstaltung auch den Titel. Es ist zwar nicht gerade eine Neuerscheinung – der plötzliche Tod des zuständigen Lektors hatte die Werbung dafür tragisch behindert – aber echte Fans der Mark Brandenburg kennen es sicher.

Es fasst zehntausend Jahre Heimat geschichte auf 220 Seiten zusammen, anders gesagt: Von der Eiszeit bis zu Stolpe. „Unernst“, versteht sich. „Die Fakten stimmen alle!“, rief Hans-Otto Dill eingangs von der Bühne herab. „Wir haben uns lediglich erlaubt, ein paar Dialoge und Axiome dazuzuerfinden und manches auf die Spitze zu treiben.“

Vier solcher geschichtsträchtigen Fälle brachte man dem schmunzelnden Publikum zu Gehör. Der erste erzählt fast exemplarisch, wie zu Zeiten Albrecht des Bären aus dem alten, aber total verarmten märkischen Landadel echte und leidenschaftliche Raubritter hervorgingen. Damals wurde jener Spruch „rauben, warum nicht!“ geboren, der hierzulande bis heute Gültigkeit hat, Jahrhunderte, nachdem sich die Jakubowskis in die berüchtigten Quitzows umbenannten, um die es hier geht. Auch Fall zwei ist höchst aktuell. Darin schildern die Berliner Autoren, wie es zu dem ominösen „Toleranzedikt von Potsdam“ wirklich kam. Nach dem Dreißigjährigen Krieg brauchte Kurfürst Friedrich Wilhelm zum Wiederaufbau/Ost eine „schnelle Lösung“, die flächendeckenden Verwüstungen in seinem menschenleer gewordenen Land waren tatsächlich schlimmer als spätere „mit Stalinorgeln“. So kungelte er 30 Jahre nach Kriegsende mit seinem Schwiegersohn, Prinz Homburg, etwas sehr Nachhaltiges aus: Durch den Import des Ediktes zu Nantes holte er sich Gastarbeiter ins Land, handwerklich geschickte Hugenotten. Später verbrämte man diese ökonomische Maßnahme unter dem politischen Wort „Toleranz“, nannte ihn fortan „Großen Kurfürsten“, und glaubt noch heute dran.

Die anderen beiden Storys „wider den Bierernst der Chronisten“ erzählen, wie auch Fürst Pücklers innovative Ideen der Mark Brandenburg aufgeholfen haben. Jene, nach eigenem Vorbild Pyramidenbestattungen als echte Renner einzuführen, steht freilich noch aus. Eine letzte beschrieb die revolutionäre Umgestaltung der preußischen Landwirtschaft durch Albrecht von Thaer im 19. Jahrhundert, also lange vor der „demokratischen Bodenreform“. Die von Manfred Stolpe trug man leider nicht vor. Befragt, worum es da gehe, antwortete Hans-Otto Dill: „Hab ich vergessen“! Wie schade.

„Die unernste Geschichte Brandenburgs“, Gerta Stecher und Hans-Otto Dill, Weymann Bauer Verlag

Gerold Paul

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