
© Arist von Rennenkampff
Potsdam-Mittelmark: Reliquie der Freiheitskriege ist zurück Geltower stellen Teil der echten Schill-Linde aus
Schwielowsee - Es ist weit mehr als nur ein Stück Holz: Es ist eine Reliquie, ein letzter Zeuge des Befreiungskampfes gegen Napoleon. Der Geltower Albrecht Herrmann hat 35 Jahre lang eine Scheibe der Schill-Linde wie einen Schatz gehütet.
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Schwielowsee - Es ist weit mehr als nur ein Stück Holz: Es ist eine Reliquie, ein letzter Zeuge des Befreiungskampfes gegen Napoleon. Der Geltower Albrecht Herrmann hat 35 Jahre lang eine Scheibe der Schill-Linde wie einen Schatz gehütet. Er hatte sie gerettet, nachdem der Baum in den 1970ern vom Blitz zerstört worden war – in dem Wissen, dass die Geschichte dieses Holz geadelt hat. Die Scheibe ist nun auf Initiative von Horst Geßwein und Karl-Heinz Birkholz vom Bürgerbündnis Schwielowsee aufbereitet und konserviert worden und steht seit Kurzem vor der Gaststätte Baumgartenbrück.
Der Legende nach soll der preußische Major Ferdinand von Schill vor über 200 Jahren an dieser Linde auf dem Berg oberhalb der heutigen Gaststätte Baumgartenbrück gelehnt haben, als er seine Männer auf den Kampf gegen die französischen Besatzer einschwor. Es war der 28. April 1809: Nach dem schmachvollen Frieden von Tilsit war Preußen zerstückelt und lag am Boden. Das Militär, einst Rückgrat des Staates, war dezimiert, König Friedrich Wilhelm III. befand sich im Exil im nordöstlichsten Zipfel des Landes. „Unser Demel sitzt in Memel“, sollen die Leute gerufen haben. Obwohl die Besatzer den Weg frei machten für bahnbrechende Reformen in Bildung, Verwaltung und Militär, gärte es im Lande – und die Bevölkerung schrie nach neuen Helden.
Ferdinand von Schill, zu jener Zeit Kommandeur des 2. Brandenburgischen Husarenregimentes, probte an diesem Frühjahrsabend im Jahre 1809 den Aufstand: Mit seinen rund 500 Reitern war er von Berlin nach Geltow gezogen, offiziell zu einem Übungsritt. Tatsächlich aber waren die Männer unterwegs, um ihre Landsleute aufzuwiegeln. Der Schill’sche Zug währte nur einen Monat lang: Über Sachsen und die Altmark die Elbe hinauf zogen die Männer und lieferten sich immer wieder kleinere Gefechte mit feindlichen Truppen. Am 31. Mai wurde Schill schließlich von einer dänischen Gewehrkugel tödlich verwundet. Der Zug war eine frühe Ouvertüre zu den Befreiungskriegen, zu denen sich die höchsten preußischen Militärs erst Ende 1812 im Bund mit Russland durchringen konnten.
Seit Ende der 1980er Jahre zelebriert Geltow das Schill’sche Erbe: Kurz vor der Wende wurde am Franzensberg ein Gedenkstein aufgestellt, die zerstörte Schill-Linde wurde durch einen neuen Baum ersetzt. Auch eine „Schillstraße“ gibt es mittlerweile im Ort. Vor zwei Jahren, zum 200-jährigen Jubiläum des Schill’schen Zuges, gab es ein Gedenkbiwak mit Dutzenden Darstellern in historischen Uniformen. Thomas Lähns
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