Potsdam-Mittelmark: Rettung aus der Luft?
Die Bliesendorfer hoffen, dass ein Fischadlerhorst den Windpark noch verhindert. Doch die Chancen sind nicht sehr groß
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Werder (Havel) - Wird ein Fischadler den Bliesendorfer Windpark kippen? Das hofft jedenfalls die Bliesendorfer Ortsvorsteherin Annette Gottschalk (CDU). Um die von der Regionalplanung im Bliesendorfer Wald geplante Windfarm zu verhindern, hat die Stadt Werder ein faunistisches Sondergutachten in Auftrag gegeben. „Der Fischadlerhorst war eine erste neue Erkenntnis“, so Gottschalk.
Das mit dem Gutachten beauftragte Dresdner Umweltbüro Mep Plan hat in Bliesendorf in dieser Woche ein Zwischenergebnis vorgestellt, die Untersuchung läuft bis zum Jahresende. Viel Hoffnung wird den Auftraggebern nicht gemacht. Immerhin wurde ein großer Artenreichtum in und um den geplanten Megawindpark festgestellt. Und der Horst.
Wie berichtet sollen im Wald südöstlich vom Dreieck Werder zur regenerativen Energieerzeugung neun Quadratkilometer bereitstehen, nach Vorstellungen der Investoren könnten sich dort bis zu 35 Windräder drehen. Die Firma Prokon bereitet schon den Bauantrag vor (PNN berichteten). Das Untersuchungsgebiet von Mep Plan umfasst zusätzlich noch einen zwei Kilometer breiten Gürtel rund um das sogenannte Windeignungsgebiet, so auch die westlich gelegene Idylle am Kolpinsee bei Kloster Lehnin.
Im gesamten Bereich seien 106 Vogelarten nachgewiesen worden, wie es im den PNN vorliegenden Zwischenbericht heißt. Darunter sind sieben gefährdete Arten und mit der Krickente und der Dohle zwei Arten, die in Brandenburg vom Aussterben bedroht sind. Außerdem wurden mit der Zwergfledermaus, dem Großen Abendsegler und der Rauhautfledermaus drei Arten entdeckt, die als besonders „schlaggefährdet“ durch Windräder gelten.
Was Großvögel und Greifvögel angeht, werden die Mindestabstände zu den Nistplätzen bis auf eine Ausnahme eingehalten: Es handelt sich um einen Fischadlerhorst am Kolpinseee. Laut Brandenburger Windkrafterlass gilt ein Schutzbereich von 1000 Metern um solche Horste, das wird laut Mep Plan aber knapp unterschritten. Der Haken: Im Windkrafterlass steht auch, dass der Schutzbereich erlischt, wenn ein solcher Horst zwei Jahre nicht besetzt war. In diesem Jahr war er leer.
In der Naturschutzbehörde in Bad Belzig bezweifelt man, dass der Windpark naturschutzrechtlich anzufechten ist. Der Horst ist dort nicht bekannt. Großvögel und Greifvögel werden landesweit kartiert, bestehende Horststandorte seien bei der Darstellung von Windeignungsgebieten der Regionalplanung beachtet worden, wie ein Behördenmitarbeiter gestern erklärte. „Da gab es in Bliesendorf keine Probleme mit Mindestabständen.“
Selbst Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) hat – trotz des Fundes – kaum Hoffnung, dass der Windpark als solcher kippelt, auch wenn er die Pläne der Landesregierung zur Ausweitung der Windenergie kritisiert. Aus seiner Sicht sollten Windparks in dünner besiedelten Regionen aufgestellt werden. „Dass in Brandenburg überhaupt jemals Windparks in Wäldern erlaubt werden, hätte ich nie erwartet“, so der Bürgermeister.
Mit der Regionalplanung habe man sich zumindest abstimmen können, dass auf einige der Windräder in unmittelbarer Ortsnähe verzichtet wird. Das wurde vom Vize der Planungsstelle, Torsten Naubert, gestern auf PNN-Anfrage bestätigt. „Wir haben uns mit Vertretern der Bürgerinitiative und der Stadt über Belange des Lärmschutzes unterhalten.“ Wo der Waldstreifen zwischen Bliesendorf und der Autobahn besonders schmal ist, werde erwogen, auf zwei oder drei Windenergieanlagen zu verzichten.
Was den Fischadlerhorst angeht, sieht Naubert keine Probleme. „Dass es mal in der Nähe etwas gegeben hat, wird nicht reichen, um die Planung zu verhindern.“ Naubert erklärte, dass man im laufenden Planungsverfahren auch die Belange der Windkraftunternehmen beachten müsse. „Wenn wir etwas ablehnen, dann muss erkennbar sein, dass es rechtsbegründet erfolgt.“ Die Bliesendorfer Windeignungsfläche ist mit 24 weiteren in der Planungsregion Teil des neuen Regionalplans, der im nächsten Jahr Rechtskraft erlangen soll. Naubert warnte die Bürgerinitiativen davor, zu glauben, dass man die Windparks durch Verzögerungsmanöver verhindern kann. „Mann muss sich vor Augen halten, dass ohne die Ausweisung von Eignungsgebieten dreimal so viele Flächen für Windparks zur Verfügung stehen.“ Die Regionalplanung nehme gern Hinweise zu konkreten Sachverhalten entgegen. Alles, was darüber hinausgeht, ziehe das Verfahren in die Länge. „Das kann zu Ergebnissen führen, die vom Bürger nicht gewollt sind.“
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