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Von Günter Schenke: Ringofen als Schaustelle

Hermann Kremer schmiedet Pläne für einzigartiges Ziegelfabrik-Denkmal in Päwesin

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Päwesin - Hermann Kremer hält einen alten Ziegelstein in der Hand und zeigt auf den Hersteller-Abdruck: Pewesin. „Damals schrieben sie das noch mit e“, bemerkt er. „Damals“, das war Ende des 19. Jahrhunderts, gab es in der heutigen 600-Einwohner-Gemeinde Päwesin acht Ziegelfabriken. Wie durch ein Wunder sind die Anlagen einer einzigen noch halbwegs erkennbar. Kremer steht vor einem Hügel. „Der Ringofen nach Hoffmannscher Bauart“, erklärt er. Beim Nähertreten sind die bogenförmigen Öffnungen zum Füllen und Entleeren des Ofens zu sehen. Solche Öfen revolutionierten ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die industrielle Ziegelproduktion.

„Alte Gärtnerei“ heißt das Ziegelei-Gelände, seit die Betreiber die Ziegel-Herstellung im Jahre 1910 aufgaben und sich hier ein Gartenbaubetrieb etablierte. Kremer will die zerfallenden Gebäude wieder herstellen und den Ringofen zur „archäologischen Schaustelle“ machen. Kremer der als Arzt in Haltern (Westfalen) unter anderem ein zytologische Labor betreibt, will die Restaurierung aus eigener Kraft finanzieren. „Das ist ein Denkmal, das erhalten werden muss.“ Diese Meinung teilt das Landesamt für Denkmalpflege, das die Anlage auf Antrag Kremers 2006 unter Schutz stellte – wegen ihrer technikgeschichtlichen Bedeutung. „Das gesamte Ensemble ist ein signifikantes Zeugnis industrieller Aktion im Landschaftsraum Potsdam-Mittelmark und des Havellandes“, heißt es in der Begründung.

Im Laufe einiger Jahren sollen die alten Backsteinbauten denkmalgerecht saniert und beheizbar gemacht werden. Neben dem Ringofen gibt es ein Herrenhaus, ein Gebäude für Ziegeleiarbeiter, Lager- und Produktionsgebäude und den Ziegeleihafen. Neben der archäologischen Schaustelle plant Kremer, der das Gelände vor drei Jahren von der in Hamburg lebenden Eigentümerin erworben hatte, die Ansiedlung bodenständiger Gewerke wie einer Töpferei und eine Kunsthalle für seine reichhaltige private Sammlung. Das Denkmal solle zugänglich bleiben.

„Das sind bisher erst einmal Visionen“, schränkt Kremer, der sich in Potsdam als Gründer des Alexandrowka-Museums in der Russischen Kolonie einen Namen gemacht hat, ein. Seine „Visionen“ sind jedoch weit entfernt von Hirngespinsten, sein Architekt bereitet bereits den Bauantrag für das erste Gebäude vor. Ein renommiertes Potsdamer Unternehmen, die Baudenkmalpflege GmbH Roland Schulze, wird die Arbeiten ausführen.

Schwierig dürfte sich die Herrichtung des Ringofens als Anschauungsobjekt gestalten. „Das war mal ein Gewölbe, das eingestürzt ist“, erklärt der Bauherr. Tonnen von Schutt müssten die Restauratoren abtragen, die Substanz dabei unbeschadet lassen. Der Ofen sei am Ende „oben abgeschnitten“ und gebe den Blick in die Brennkammern frei. Eine Modell des Potsdamer Modellbauers Rico Hecht vermittelt einen Eindruck von der Anlage.

Einst legten Lastkähne an dem kleinen Hafen am Ziegeleigelände an, um den weißgrauen Havelton und andere Tonsorten heranzuschaffen und die gebrannten Ziegel über Beetzsee und Havel zu den Baustellen, vor allem nach Berlin, zu bringen. Rund 100 Ziegeleien gab es Ende des 19. Jahrhunderts im Havelgebiet. Am Beetzsee bis zum Riewender See waren es 22, zwischen Potsdam und Brandenburg 40, um Lehnin 9 und an der Havelbucht westlich von Ketzin 13. Nur sehr wenig davon ist erhalten. Umso bedeutender ist die Absicht, das Denkmal-Ensemble in Päwesin als Beispiel einer einst starken märkischen Industrie zu bewahren.

Günter Schenke

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