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Verzückt mit seinem Babyblick: Aus dem adligen Wurm wurde am Sonntag ein quietschbunter Schmetterling. Ab Juli soll Kanali von Rübenrauch den Kreisverkehr an der Potsdamer Straße zieren.

© Andreas Klaer.

Potsdam-Mittelmark: Rübenrauch beschert Teltow Höhenflug

Die Stadt bekommt tierischen Zuwachs: Den tristen Kreisverkehr soll bald ein quietschbunter Schmetterling zieren

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Teltow - Teltow ist im Verwandlungsfieber: Der Countdown für die Grünen Landesmeisterschaften läuft. Erste Wirkungen zeigte der Zauberspruch „Entente florale“ bereits an den Trafohäuschen, die jetzt blumig bepinselt werden, den Marktplatz ziert seit Wochen ein Maibaum mit allerhand bunten Abzeichen. Daneben das neueste Highlight: Ein drolliges Maskottchen, das sich ab Juli mühen muss, die Ödnis am Kreisverkehr Potsdamer und Saganer Straße zu retuschieren. Die kunterbunte Beauty-Retusche ist aber nur zweite Wahl.

Ursprünglich sollten drei stolze Eichen den Ortseingang markieren. So hatte sich das Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) gedacht. Doch sein Vorschlag, der unter „Schlichte Eleganz“ firmierte, traf nicht auf Zustimmung der Stadtverordneten. Die Eicheln waren der Grund. Die Früchte würden zwar das Stadtwappen zieren, seien aber in der Praxis ein Verkehrshindernis und würden zudem Wildschweine anlocken, meinte das Gremium. Schmidt grummelte: „Euch mach ich keine Vorschläge mehr!“ Als er feierlich bekanntgab, dass sich Teltow am grünen Wettbewerb beteiligt, ahnte keiner, was der Stadt noch blühen wird. Mit seinem Babyblick entzückte das Maskottchen zunächst alle.

Das Tier, halb Schnecke, halb Wurm, entpuppte sich als Raupe. Wer genauer hinsah, musste aber feststellen, dass die Art mit Hörnern und nur zwei Beinchen ein biologisches Phänomen ist. Kürzlich erhielt die Riesenraupe einen Namen: Kanali von Rübenrauch. Während der Bürgermeister den pädagogischen Ansatz des Vorschlages lobte – „Mehr Teltower Identität kann in einem Namen nicht untergebracht werden“ – meinte ein Jurymitglied: „Klingt wie Kanalratte“. Die Teltower werden ihre Rübchen eben nicht mehr los, weshalb sie schon darauf kamen, Schnaps daraus zu brennen. Nun soll klammheimlich eine Kampagne für Bio-Zigaretten der Marke „Rübenrauch“ anlaufen, und weil Teltow noch immer keinen Wirtschaftsförderer hat, erklärte Schmidt die Werbung zur Chefsache. Der Anfang war erfolgreich, die Journalisten kritzelten fleißig mit – ein dreister Fall von Schleichwerbung, über den noch zu reden sein wird.

Ganz zum Schluss, als keiner mehr damit rechnete, holte der Bürgermeister aus zum großen Coup: Die Raupe kommt auf den Kreisel – ohne Beschluss der Stadtverordneten! „Hat ja bislang keiner einen besseren Vorschlag gemacht“, ätzte er. Gestern wurde mit amtlicher Hilfe aus der Raupe ein Schmetterling. Arglosen Autofahrern wird das geflügelte Tier auf dem Kreisel demnächst vorgaukeln, am Eingang eines Freizeitparks angekommen zu sein. Nicht unbegründet: Die herumliegenden Mauersegmente an der Oderstraße eignen sich gut für ein Riesenpuzzle zum Thema „Wir bauen uns wieder eine Mauer“. Action und Abenteuer bietet auch eine Fahrt durch die Potsdamer Straße, in der das alte Diana-Kino und andere Gruselruinen für Gänsehaut sorgen. Die Ruhlsdorfer Straße ist hartgesottenen Radlern zu empfehlen, die knackige Touren lieben. Der Freizeitpark Teltow garantiert grenzenlosen Spaß, nur einige Stadtverordnete verstehen das nicht. Sie hoffen, dass bald ein LKW das Problem mit der Raupe für sie erledigt.

Kirsten Graulich

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