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Sparen bei der Selbstpflücke. Das hat sich auch Paulina gedacht, die mit Mama Annemarie in Klaistow unterwegs war.

© Bernd Settnick/dpa

Potsdam-Mittelmark: Rumba auf dem Acker

Auf dem Derwitzer Hof von Stephan Hübner wurde gestern die märkische Erdbeersaison eingeläutet

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Werder (Havel) - Für den Fall, dass es hagelt, dass es Spätfröste gibt, dass der Sommer zu trocken oder zu feucht wird, hat der Familienbetrieb von Bauer Stephan Hübner mehrere Standbeine: Auf 20 Hektar betreibt er Obstbau, auf 180 Hektar Ackerbau. An der B 1 hat er einen Hofladen, im alten Derwitzer Dorfkern eine kleine Pension. Und wenn übers Jahr alles schiefläuft, kann er ab dem Martinstag immer noch seine Gänse und Enten verkaufen. Dieses Jahr beginnt mit den Erdbeeren nicht schlecht, sagt Stephan Hübner. Die größere Blattmasse schütze die Früchte vor Wetterunbilden. Er erwartet – trotz der Ernteverzögerungen – ein gutes Erdbeerjahr.

Gestern wurde auf dem Hübnerschen Hof die Erdbeersaison in Brandenburg eröffnet. Agrarstaatssekretärin Kathrin Schneider sagte, dass sie sich auf „die ersten richtigen Erdbeeren“ freue. „Das ist einer der seltenen Fälle, wo Genuss und gesunde Ernährung zusammenkommen“, so Schneider. Die Früchte sind kalorienarm, wirken entzündungshemmend, konzentrationsfördernd und haben mehr Vitamin C als Orangen. Die „Königin der Beeren“ ließ sich wegen des nassen und kalten Wetters der vergangenen Wochen allerdings etwas bitten.

Insgesamt pflanzen märkische Obstbauern auf rund 360 Hektar Fläche die Früchte an, vor allem um Werder, im Spreewald und östlich von Berlin, wie der Obstanbauverband berichtete. Einen Hektar hat Bauer Hübner. Zwischen seinen Erdbeerreihen ist die Erde mit Stroh abgedeckt, was Sauberkeit und Qualität der Früchte verbessert. Die Korona hat er mit Vliesen verfrüht, trotzdem hat es wegen des langen Winters, wegen Kälte und Regen in diesem Jahr zwei Wochen länger gedauert, bis sie reif wurden. Die Sorte ist ein Klassiker bei Werderschen Bauern, Hübner hat es nebenan auch mal mit ein paar Reihen Rumba versucht, die für ihre Festigkeit und Größe bekannt sind. „Mal sehen, wie das bei den Kunden ankommt.“

Der in fünfter Generation tätige Derwitzer Betrieb ist ein typisches Beispiel für Obsthöfe in der Region. Neben den vier festen Beschäftigten finden hier bis zu fünf Saisonkräfte ihr Auskommen. Die geernteten Früchte – neben Erdbeeren Kirschen, Äpfel, Gemüse und Kräuter – werden auch auf dem Wochenmarkt in Berlin-Wannsee verkauft. Für Hübner gibt es zur Direktvermarktung keine Alternative. Dass seine Erdbeeren nicht alle Kataloggröße haben, störe seine Kunden nicht. „Da zählt noch der Geschmack.“

Im vorigen Jahr wurden landesweit 2300 Tonnen Erdbeeren geerntet, ein Rekordjahr. In diesem Jahr wird es wohl wieder etwas weniger werden, wie es gestern hieß. Die Erträge pro Hektar seien – gemessen an anderen Bundesländern – ohnehin ausbaufähig, erklärte Jörg Lübke vom Landesamt für Landwirtschaft in Teltow. Selbst 2012 seien nur knapp sieben Tonnen pro Hektar geerntet worden, im havelländischen Obstanbaugebiet schaffte man in den 80er-Jahren zehn Tonnen.

Einzelne Spitzenbetriebe der Erdbeerproduktion, meist Quereinsteiger aus dem Spargelanbau, würden solche Erträge inzwischen wieder erreichen. Trotzdem decken märkische Obstbauern kaum 20 Prozent des landesweiten Erdbeerbedarfs. Die Motivation, die Produktion auszubauen, ist laut Lübcke begrenzt: In den vergangenen Jahren hätten besonders Angebote aus Osteuropa die Preise auf dem Berliner Großmarkt gedrückt.

Erdbeerfans können auch anders sparen: Auf einigen Höfen in der Region können die Früchte von den Feldern abgeholt werden. Vom Kilopreis – auf den Märkten nach Angaben der Obstbauern fünf bis sechs Euro – spart man bei der Selbstpflücke etwa ein Drittel. Das hat noch den Frischevorteil: Schon fünf Stunden, nachdem die Erdbeeren gepflückt sind, lassen Aroma und Vitamingehalt nach.

In knapp zwei Wochen sind in Derwitz auch schon die Süßkirschen reif, etwas Farbe haben sie schon. Trotz der vollen Blüte erwartet Bauer Hübner auch hier nur durchschnittliche Erträge. „Genau kann man es erst sagen, wenn alles verkauft ist.“ Zur Not bleiben ihm die Gänse.

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