Potsdam-Mittelmark: Saarmunder Schloss wird versteigert
Heute ist es ein unscheinbares Mehrfamilienhaus – jetzt droht sogar der Abriss
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Nuthetal - Die Saarmunder nannten es zu besseren Zeiten „das Schloss“. Einige Jahre ging hier sogar Prinz Friedrich Leopold von Preußen ein und aus. Von dem Glanz vergangener Tage ist jedoch nicht viel geblieben. Das einstige Gutshaus der Königlichen Domäne Saarmund ist heute ein unscheinbares Mehrfamilienhaus, und jetzt droht sogar der Abriss.
Bis Ende Februar war das rund 6800 Quadratmeter große Areal der ehemaligen Gutsanlage zum Verkauf ausgeschrieben. Ein Investor für eine sinnvolle Verwertung hat sich jedoch nicht gefunden. Um die Verkaufschancen zu erhöhen, wurde das einstige Schloss nun vom „Rohbauland“ getrennt und soll in der Sommerauktion der Deutschen Grundstücksauktionen AG vom 26. bis 29. Juni im Rathaus Schöneberg versteigert werden. Das bestätigte die Sprecherin der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), Constanze Fiedler, den PNN. Die BVVG verwaltet das Gut als ehemaliges DDR-Volkseigentum seit der Wende.
Nuthetals Ortschronistin Annett Böhm sorgt sich nun jedoch um das geschichtsträchtige Areal an der Straße „Kolonie“. Sie hofft auf einen Investor, „der sich mit dem Charme des alten Gebäudes anfreunden kann“. Vorstellen könnte sie sich, dass das alte Gebäude als „regionales Museum mit entsprechenden Büro- und Ausstellungsräumen“ ausgebaut wird. Die Freiflächen könnten als Park auch für die Bewohner der an der nahen Weinbergstraße geplanten Seniorenwohnanlage gestaltet werden. Auch ein kleines, familiäres Wellness- oder Tagungshotel in einem angepassten Neubaustil sei vorstellbar, so die Chronistin. Schlimm wäre ein Abriss zugunsten eines „weiteren unvollendeten Neubaugebietes in der Gemeinde“. Die geschichtlichen Hintergründe und die noch vorhandene Bausubstanz würden laut Böhm für den Erhalt des Gebäudes sprechen, auch wenn viel Enthusiasmus und hohe Investitionen notwendig sind.
Das Vorwerk Saarmund bildete bis Anfang des 19. Jahrhunderts mit den Vorwerken Alt-Langerwisch, Schenkendorf (heute Schenkenhorst) und Fahlhorst den Kern der Königlichen Domäne Saarmund. Es bestand aus einem großzügigen Wirtschaftshof mit Wohnhaus und umfasste mit Acker- und Forstland sowie einer Maulbeerplantage insgesamt 64 Hektar. 1807 begann der Preußenstaat aus Geldmangel mit dem Verkauf seiner Domänen. Saarmund ging an den Amtsrat Johann Ludwig Kühne. Er ließ das Vorwerk von der Preußischen Landbauschule unter David Gilly (1748-1808), dem Lehrer Schinkels, um- und ausbauen. Gilly genehmigte 1805 auch die Pläne zum Neubau eines Amts- und eines Gerichtsgebäudes sowie weiterer Nebengebäude auf dem Vorwerkgelände. Das Ensemble entstand als eine Mischung aus traditioneller ländlicher Bauweise und der frühklassizistischen Bauten Westeuropas, ein Stil, wie ihn Gilly bereits 1797 für Schloss und Gut Paretz angewandt hatte.
Nach Johann Ludwig Kühnes Tod ging das Gut 1811 an die Söhne Ludwig und Eduard über. Seit 1874 wechselten die Besitzer stetig. Alfred Gilka ließ ab 1890 umfangreiche bauliche Veränderungen vornehmen. Er ist der Sohn des bekannten Berliner Unternehmers J.A. Gilka, „Sprit-, Liqueur- und Essigfabrik“, Hoflieferant des preußischen Königs und des Kaisers von Österreich. Das ehemals siebenachsige Amtshaus wurde um einen turmartigen Anbau mit Rundbogenfenstern erweitert und aufgestockt. Stilistisch orientierte sich der Bauherr an dem damals aktuellen Burgenstil. Seit Gilkas Umbau des Amtshauses hatte sich bei den Saarmundern die Bezeichnung „Schloss“ für das Wohngebäude eingebürgert. 1896 ging Gilka zurück nach Berlin. Der Bremer Kaufmann Friedrich Corssen übernahm das Objekt. 1900 kauft es Robert Stock, der Gründer der Telegrafenapparate-Fabrik TeDeWe und Erfinder von Spiralbohrern und Leichtflugzeugen.
Nach dem Tod von Robert Stock wurde 1912 Prinz Friedrich Leopold von Preußen neuer Besitzer. 1939 ging es aus den Händen seines Sohnes an die Dresdener Bank über. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gut Flüchtlingen als Unterkunft. Im Zuge der Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es 1952 Sitz der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) „Florian Geyer“ Saarmund. Degradiert zu einem Mehrfamilienhaus, mehrmals verändert und seiner ehemaligen Schönheit beraubt, dümpelt es heute vor sich hin.
Ute Kaupke
Ute Kaupke
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