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Potsdam-Mittelmark: Säbelrasseln im Schützenhaus

Erste Sitzung der Stadtverordneten im sanierten Gebäude / SPD bangt um Beigeordnetenstelle

Stand:

Werder (Havel) – Werders CDU bringt ihre absolute Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) nun voll zum Einsatz. Am Donnerstagabend, gleich zur ersten Sitzung des Gremiums nach der Wahl im September, wurde kräftig am Stuhl der Beigeordneten Beate Rietz (SPD) gerüttelt. Im Entwurf der neuen Hauptsatzung heißt es in dicken Lettern: „Die Stadt Werder hat einen Beigeordneten.“ Zur Abstimmung kam es zwar noch nicht, doch SPD und Linke haben bereits Protest angemeldet.

„Wir sehen es als versteckten Angriff“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Spiegel gestern auf PNN-Anfrage. Rietz ist vor sechs Jahren gewählt worden, zeitgleich mit dem Ersten Beigeordneten Hartmut Schröder (CDU). Die zweite Beigeordneten-Stelle kam damals durch einen Tauschhandel zustande: Die SPD konnte den neuen Posten mit ihrer Wunschkandidatin – der damals noch parteilosen Rietz – besetzen, und wählte im Gegenzug Schröder mit. Die Machtverhältnisse waren 2002 noch nicht so eindeutig wie heute: Zusammen mit Linken und Grünen konnten die Sozialdemokraten jederzeit die damls noch kanppere CDU–Mehrheit brechen.

Durch eine solche Zusammenarbeit war auch SPD-Mann Joachim Lindicke zu dieser Zeit zum Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. „Ich hatte eine Menge Überzeugungsarbeit zu leisten, um die Stelle der Beigeordneten durch zu bekommen“, sagte Lindicke gestern gegenüber den PNN. Er erläuterte das Motiv seiner Fraktion: In Anbetracht der Aufgabenfülle in der Verwaltung sei ein Beigeordneter zu wenig gewesen. „Gerade für die rechtlichen Fragen brauchten wir einen Voll juristen.“ Seit dem Rietz, die Erfahrungen als Rechtsanwältin und als Dozentin für Arbeits- und Sozialrecht vorweisen kann, in der Verwaltung arbeitet, seien Werders Satzungen sicherer geworden. Und das Arbeitspensum sei nach wie vor zu umfangreich für den Bürgermeister mit nur einem Beigeordneten.

Doch bereits seit der letzten Legislaturperiode hat die Union die absolute Mehrheit im Kommunalparlament, ihre 15 Abgeordneten plus Bürgermeister können Beschlüsse auch gegen den Willen der übrigen Fraktionen fassen. „Diese Mehrheit will man nun nutzen, um die Beigeordnete unter Druck zu setzen“, vermutet Anja Spiegel. „Es geht nicht um die Sache, sondern um eine Machtdemonstration.“ Was die CDU nicht kann: Die Beigeordnete vorzeitig abwählen, denn dazu bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit.

Eine Abwahl sei auch in der Unionsfraktion kein Thema, versicherte Sprecher Christian Große gestern. Rietz“ Amtszeit endet am 2. August 2010, bis dahin bleibe die Stelle bestehen – der Entwurf müsse dahingehend noch geändert werden. „Wir sehen das völlig leidenschaftslos: Die Arbeit in der Verwaltung ist möglich auch mit nur einem Beigeordneten.“ Große verwies auf den Landkreis, der sich mit einer Einwohnerzahl von 200 000 selbst nur einen Beigeordneten leistet. „Es hat nichts mit der Person zu tun, mit der Arbeit von Frau Rietz sind wir zufrieden. Aber die Stelle ist einfach nicht nötig.“

Einen weiteren Kritikpunkt will Christian Große ausräumen: Die am Donnerstag beklagte „Entmachtung der Ortsbeiräte“: In der neuen Hauptsatzung ist keine Rede mehr von Entscheidungsfreiheiten wie der Vergabe von Mitteln an Vereine, nur das Anhörungsrecht ist noch verbrieft. „Die Satzung sollte einfach verschlankt werden“, so Große. Die im Zuge der Gemeindefusion zugesagten Rechte würden nach wie vor gelten, das hatte auch Bürgermeister Werner Große (CDU) am Donnerstagabend garantiert.

Für die CDU lief die erste Sitzung im neuen Schützenhaus bestens: Annette Gottschalk wurde als SVV-Vorsitzende mit großer Mehrheit bestätigt und man konnte die Vorsitzenden der drei Fachausschüsse benennen. Der SPD blieb nur noch der Rechnungsprüfungsausschuss. Und ihre Beigeordnete – bis auf Weiteres. Thomas Lähns

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