Rückblick: Was 2015 in der Teltower Region los war: Schienen, Schädel, Hafenschlamm
In der Teltower Region hofft man wieder auf eine neue Bahnanbindung, rätselt über einen verschwundenen Kopf, lacht mit Mario Barth über den Teltower Hafen und heißt Hunderte neuer Flüchtlinge willkommen.
Stand:
Neue Hoffnung für Schienenanbindung: Zum Jahresanfang kündigt die Landesregierung an, die Pendlerströme von Berlin ins Umland neu zu untersuchen. Besonders in der unterversorgten Teltower Region hofft man zu profitieren. Während vor Ort eine Verlängerung der Teltower S-Bahn nach Stahnsdorf favorisiert wird, beginnt im September, angestoßen von der Berliner Landespolitik, eine Diskussion zur Wiederbelebung der Stammbahntrasse zwischen Potsdam-Griebnitzsee, Kleinmachnow und Potsdamer Platz. Im November positionieren sich Berlins Bahnchef und Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) in den PNN für die Stammbahn, die, so Geisel, wegen des starken Zuzugs in zehn bis zwanzig Jahren nötig sei.
Vom Streik in den Kitas sind in Teltow Anfang Mai 1400 Kinder betroffen. Teltower Eltern nehmen Urlaub oder bummeln Überstunden ab, einige organisierten sich untereinander und helfen sich bei der Kitabetreuung aus. In Orten wie Caputh geht die Streikdauer weit über einen Tag hinaus. Überall in der Region suchen Eltern händeringend nach Möglichkeiten, ihre Kinder unterzubekommen. Es ist nicht einmal der einzige Streik des Jahres, der auf die Alltagsorganisation durchschlägt: Im Frühjahr streiken abwechselnd Bus und Bahn, im Sommer die Postzusteller. Bei den Erzieherinnen ist der Tarifstreit erst im Oktober beendet: Verbesserungen sind vor allem für jüngere Erzieherinnen vorgesehen, es gibt zwischen 93 und 138 Euro mehr pro Monat.
Der Schädel des Stummfilmregisseurs Friedrich Wilhelm Murnau wird im Juni aus seiner Gruft auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof gestohlen. Der Leichnam bot zwar keinen schönen Anblick mehr, war aber noch gut erhalten, sagt der Friedhofsverwalter. Neben fast allen einschlägigen deutschen Medien berichten New York Times, Washington Post, Guardian, BBC und viele andere über die Grabschändung. Die Polizei ermittelt zur Störung der Totenruhe, doch der Kopf bleibt auch nach einem Zeugenaufruf verschwunden. Murnau hatte 1922 mit seiner Dracula-Verfilmung „Nosferatu – Eine Symphonie“ das Horrorgenre begründet.
Teltows Hafen wird im Oktober bei „Mario Barth deckt auf“ auf RTL humoristisch aufgespießt, dass Projekt sei unnötig und zu teuer sei. Es ist ohnehin kein leichtes Jahr auf der Baustelle: Im März beantragen Grüne und Bürgerinitiative Teltow einen Baustopp, der von den Stadtverordneten abgelehnt wird. Im Herbst kommt es doch zum Baustopp – wegen des unterschätzen Altlastenproblems. Statt den verseuchten Boden nur an der Oberfläche zu versiegeln, muss er in bis zu vier Metern Tiefe komplett ausgetauscht werden. Immerhin gibt es auch Positives: Angelockt durch das Hafenprojekt stellt ein Berliner Investor Pläne für ein spektakuläres Quartier zwischen Hafen und Altstadt mit künstlichen Gewässern vor.
2800 Flüchtlinge nimmt der Landkreis 2015 in Empfang, viermal so viel wie zunächst erwartet. Ab dem Sommer wird zunehmend hektisch nach Unterkünften gesucht. Obwohl die Teltower Region bereits die Hauptlast des Flüchtlingsstroms trägt, wird auch in Teltow eine zusätzliche Notunterkunft eingerichtet. Besonders in Michendorf gibt es Diskussionen, weil zeitweise die Gymnasiumsturnhalle und demnächst das Hotel Sens Convent als Asylheime herhalten müssen. Zuletzt wird verkündet, dass die Halle des früheren Toom-Baumarktes in Nuthetal als Unterkunft ausgebaut wird. Die Mittelmärker nehmen die Asylbewerber bei allen Schwierigkeiten offen in Empfang, Dutzende Willkommensinitiativen werden gegründet.
Freie Fahrt für die Windkraft. Der Regionalplan Havelland-Fläming ist im August gerade erst genehmigt, da wird er von den Verwaltungsgerichten in Cottbus und Potsdam für unwirksam erklärt. Für Windkraftinvestoren bedeutet das mehr Spielraum für ihre umstrittenen Planungen. Denn Windparks sind seit Zeiten von Kanzler Kohl privilegiert, es braucht gute Gründe, sie zu verhindern. Nur durch Windeignungsgebiete in Regionalplänen können die Anlagen auf großen Windfarmen konzentriert werden. 24 solcher Windeignungsgebiete stehen im Regionalplan, darunter bei Sputendorf, Bliesendorf und Fichtenwalde. Firmen, die Windparks außerhalb solcher Eignungsgebiete geplant haben, bekommen Oberwasser. (mit Enrico Bellin)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: