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Potsdam-Mittelmark: Schlangestehen vor Werders Kino

Großer Andrang zum Tag des offenen Denkmals / Filmstart am 20. November mit „Findet Nemo“

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Großer Andrang zum Tag des offenen Denkmals / Filmstart am 20. November mit „Findet Nemo“ Von Elisabeth Richter Werder. „Das ist ja wie früher!“ Solche freudigen Ausrufe waren mehrfach zu hören, als sich am Tag des Offenen Denkmals eine ansehnliche Menschenmenge vor den ehemaligen Fontane-Lichtspielen in Werders Eisenbahnstraße einfand. Der Bau mit der charakteristischen Arkade ist kürzlich unter Denkmalschutz gestellt worden, aber der wahre Grund für die freudige Erwartung der Besucher war die Aussicht auf die Wiedereröffnung des Kinos. Der Berliner Cineast Knut Steenwerth hat die Fontane-Lichtspiele übernommen und ist dabei, das Gebäude wieder herzurichten. Er zeigte sich überrascht angesichts des großen Andrangs, der mehrere Führungen nacheinander erforderlich machte. Dass er die „Fontane-Lichtspiele Werder“- „zu lang, zu umständlich“ - in „Scala“ umbenennen will, rief keinen ablehnenden Kommentar hervor. Der Name spielt wohl keine Rolle, wichtig ist allein: es gibt bald wieder das Kino. Viele verknüpfen damit schöne Erinnerungen an die Kinder- und Jugendzeit. „Wir haben uns immer reingeschmuggelt, obwohl wir noch nicht alt genug waren, wir haben die Älteren zum Kartenkauf vorgeschickt und sind dann einfach rein“, erzählt eine Frau. Die Augen blitzen, wenn sie daran denkt, und da unterscheidet sie sich in nichts von den Kindern von heute. „Die Frau meiner Träume“ hat sie damals gesehen, mit Marika Rökk und Victor Stahl. Und vorher kam die Wochenschau. Das Kino spielte als Propagandainstrument der Nationalsozialisten eine große Rolle, nur deshalb durfte es 1940 nach einem Baustop wegen Rohstoffmangel doch fertig gestellt werden. Es musste am Eisen gespart werden, erklärt Knut Steenwerth, man umging die Obergrenze von zwei Tonnen, indem man die Kabel einfach nicht mit berechnete, und so blieb der Bau mit 1,9 Tonnen Eisen im Rahmen. Erinnert sich noch jemand an die Hitlers Propagandafilme? Köpfe werden geschüttelt, und bald ist klar: Von den Besuchern heute ist kaum jemand alt genug, um diese Filme gesehen zu haben. Es sind auch mehr die privaten Verknüpfungen, die hängen bleiben, die Aufregung beim Mogeln mit der Altersbeschränkung oder die Erinnerung an die schönen Samtpolster in der Loge. „Wenn ich brav war, durfte ich sonntags ins Kino“, erzählt eine Frau, „Das doppelte Lottchen, Der stille Don, Minna von Barnhelm und wie hieß doch noch der Franzose in diesem Film mit der Tankstelle ach ja, Yves Montand." Der Logenplatz kostete in den 50er Jahren zwei Mark fünfzig. Einige der Logensessel hat Knut Steenwerth gefunden, sie werden wieder aufgearbeitet und sollen an ihren alten Platz zurück. Zum Glück gab es in den gut drei Jahren, die das Kino leer stand, wenig Vandalismus. Die Bildwand auf der Bühne ist zerschnitten, und es hat auch mal einer probiert, ob sie brennt. Ein grober Schnitt in der Samtbespannung im Saal legt den Prägestoff von 1940 frei. Es gibt Gebäudeschäden wie das faulende Dach, aber sonst ist nicht viel kaputt. Allerdings hat Knut Steenwerth 33 Kubikmeter Müll aus dem Gebäude hinaus schaffen müssen. Über eine enge Treppe geht es in den Bildwerferraum; die Besuchergruppe kann nur schichtweise hochsteigen. Zwei Projektoren Meo 5 stehen da, in der Tschechoslowakei gefertigt und dem heutigen Stand der Technik entsprechend. Neu sind lediglich die Objektive und ein Zusatzgerät zum digitalen Tonabtasten. Der Ton kommt aus mehreren Kanälen, „fünf plus eins“, wie es heißt, drei vorn, zwei an den Seiten und ein „sub-woofer“ für das schöne Grummeln in den Eingeweiden. Noch beherrschen Besen und Baugerüst die Räume, die „Scala“-Leuchtschrift liegt in einem Vorraum auf dem Boden, ein Verkaufsständer „Knackiges Popcorn täglich frisch“ steht neben den baustellenüblichen Wasserflaschen und Kaffeebechern. Der Eröffnungstermin ist schon festgelegt, auch wenn bis dahin noch nicht alles fertig ist: Am 20. November läuft mit „Findet Nemo“der erste Film, eine Kinogeschichte für die ganze Familie. Und der Eintritt? Der steht noch nicht fest, sagt Knut Steenwerth, auf jeden Fall wird er unter Cinemaxx-Niveau sein. Obendrein – so ließe sich weiter rechnen – spart man Fahrkosten. Da steigen die Chancen für die Schlange an der Kinokasse.

Elisabeth Richter

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