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Potsdam-Mittelmark: Schmäh und Gemotze
Prominenz auf Bühne und Rängen: Die Premiere des „Weißen Rößl“ in Beelitz war ein voller Erfolg
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Beelitz - Wenn Oberkellner Leopold voller Liebeskummer singend erklärt: „Zuschau’n kann i net“, dann sind die Premierengäste da völlig anderer Ansicht. Bei der Operette „Im Weißen Rößl“ von Ralph Benatzky, die für die Beelitzer Festspiele von Peter Faber neu inszeniert wurde, kann man sehr gut zuschau’n. Und um den Schluss vorwegzunehmen: Das Premierenpublikum applaudierte am Sonntagabend begeistert.
Sogar der österreichische Botschafter Ralph Scheide war in die Stadt an der Nieplitz gekommen, die er nach eigener Aussage wegen ihres Spargels schätzt, und bezeichnete den Schlagabtausch zwischen oberösterreichischem Schmäh und Berliner Gemotze als „köstlich“. Deshalb wurden am Premierenabend am Sonntag nicht nur für den im Rößl logierenden Kaiser (Peter Wieland) die rot-weißen Fahnen geschwenkt, sondern auch spontan für den aktuellen Vertreter der Donaurepublik.
„Eine spaßige Inszenierung“, fand auch Herbert Köfer, der diesmal im Publikum saß, selbst aber schon oft den Unternehmer Giesicke gespielt hat. Bürgermeister Bernhard Knuth sei ein guter Bekannter von ihm, sagte Köfer. Er habe gerade in der Nähe von Beelitz ein Haus gebaut und natürlich gern bei den Kollegen vorbeigeschaut. Turbine-Trainer Bernd Schröder hatte die Freundschaft zu Dagmar Frederic nach Beelitz gelockt und Minister Günter Baaske die Neugier. Alle aber zeigten sich begeistert.
Reinhard Simon als Wilhelm Giesicke entwickelte sich schnell zum Publikumsliebling. Aber auch die Liebespaare hatten Beifall und Lacher auf ihrer Seite, wobei Christian Grygas als Dr. Siedler und Susanne von Lonski (Ottilie) der Rößl-Wirtin (Dagmar Frederic) und ihrem schmachtenden Oberkellner (Ireneusz Rosinski) sogar ein bisschen den Rang abliefen. In den Nebenrollen erfreuten Andrea Meissner als kesses und lispelndes Klärchen, Dirk Weidner als schöner Sigismund, Eva Maria Pieckert als Postfrau und Peter-Benjamin Eichhorn als Piccolo.
Und immer wieder waren es auch die der Umgebung angepassten Regie-Einfälle mit Ankunft im Oldtimer oder in der vierspännigen Kutsche, die ein Oh und Ah hervorriefen. Lediglich an der Technik muss noch gefeilt werden. Die Einspielung über Mikrofon und Lautsprecher wirkte manchmal zu laut und nicht ganz synchron. Zum Schluss stiegen nicht nur herzige Luftballons zum Himmel auf, sondern auch noch Feuerwerksraketen. Auf diese Weise macht eine Schnulze Riesenspaß und es wurde immer wieder der Wunsch geäußert, dass diese Festspiele zu einer festen Einrichtung werden sollten. Die Stadt Beelitz hat das Event mit 35 000 Euro unterstützt und – das bewies die Rößl-Premiere – gut angelegt.
Bürgermeister Knuth hat dabei offenbar beide Hände im Spiel und scheint so ziemlich alle und jeden zu kennen. Es war deshalb nicht zuletzt seiner Initiative zu verdanken, dass ein so überzeugend spielendes und singendes Ensemble zusammenkam, dass die 500 Plätze der Freilichtbühne zur Premiere ausverkauft waren und dass auch für die anderen Vorstellungen der Vorverkauf gut läuft.
2000 von insgesamt 2500 Karten sind vergeben. Es seien vor allem die Beelitzer, die ihre Festspiele besuchten, sagte Knuth. Dabei ist er durchaus ein Wagnis eingegangen, als er in einem Ort mit rund 12 000 Einwohnern das Spektakel anschob. Ein prominenter Premierengast, Brandenburgs Ex-Landesvater Manfred Stolpe, brachte es auf den Punkt: „Ich hatte Hoffnung im Herzen und Skepsis im Kopf“, sagte er und fügte hinzu: „Das Herz hat gesiegt. Ich bin überwältigt.“ Ehefrau Ingrid sah das Ganze von Anfang an positiv und fühlte sich bestätigt. Sie meinte allerdings: „Sehen Sie sich im Publikum um, Operette ist nur noch etwas für die ältere Generation.“ Fazit: Der nächste Versuch wird vielleicht kein Walzer sein, sondern ein Musical?Hella Dittfeld
Nächste Vorstellungen: 7.8. um 16 Uhr, 9. 8. um 19 Uhr, 10. 8. um 19 Uhr und 14. 8. um 16 Uhr, Festwiese am Freibad Beelitz
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